Schlöss, Heinrich Edmund (1860-1930), Neurologe und Psychiater

Schlöss Heinrich Edmund, Neurologe und Psychiater. Geb. Wien, 19. 11. 1860; gest. Inzersdorf b. Wien, NÖ (Wien), 6. 4. 1930. Fünftes Kind eines Hilfsämterdir.Stellvertreters der Wr. Börsenkammer, Bruder des Folgenden; stud. nach Absolv. des Schottengymn. ab 1881 Med. an der Univ. Wien, u. a. bei Meynert (s. d.), 1887 Dr. med., sowie ab 1919 Phil. und Pädagogik, 1921 Dr. phil. Vorerst Aspirant am Allg. Krankenhaus, trat er 1887 als Hilfsarzt der Landesirrenanstalt Wien in den nö. Landesdienst, wurde noch im selben Jahr Sekundararzt und kam nach kurzfristiger Verwendung an der I. psychiatr. Klinik unter Leidesdorf (s. d.) an die Landesirrenanstalt Ybbs a. d. Donau, 1892 als ordinierender Arzt an die Landesirrenanstalt Gugging, avancierte 1896 zum Primarius und Leiter der Anstalt in Ybbs, 1902 jener in Gugging. Ab 1907 wirkte er als erster Dir. der in diesem Jahr eröffneten Nö. Landes-Heil- und Pflegeanstalten Am Steinhof in Wien, trat 1919 i. R., lehrte aber ab 1921 am Pädagogium in Wien Psychiatrie und Heilpädagogik, wirkte weiterhin als Facharzt für Psychiatrie und zog sich erst 1929 völlig aus dem Berufsleben zurück. S., der schon mit der Planung der medizin. Einrichtung der Anstalt Am Steinhof betraut gewesen war und zu diesem Zweck Stud.Reisen ins Ausland unternommen hatte, machte sich auch um deren organisator. Aufbau verdient. Während des Ersten Weltkrieges richtete er dort zudem ein Reservespital ein, das er als Oberstabsarzt selbst leitete. Auch publizist. tätig, veröff. er mehr als 30 Arbeiten, von denen sein oft aufgelegtes Lehrbuch für das Pflegepersonal an öff. Irrenanstalten sowie eine Einführung in die Psychiatrie hervorzuheben sind. Zur Zeit seiner freiberuflichen Tätigkeit widmete er sich daneben den Interessen der damals im Aufbau begriffenen Ärztekammer. S. hatte drei Töchter und einen Sohn, den Techniker Dipl.-Ing. Dr. techn. Heinz S., der als Fachvorstand am Technolog. Gewerbemus. in Wien wirkte. S. war Träger zahlreicher in- und ausländ. Orden, wurde 1907 Reg.Rat, 1922 Obermedizinalrat und gehörte 1912–18 dem nö. Landessanitätsrat an. Stets um die Fortbildung des Pflegepersonals bei Geisteskranken bemüht, machte er sich auch durch seine Bestrebungen um eine Reform der Betreuung der Geisteskranken verdient.

W.: Leitfaden zum Unterricht für das Pflege-Personal an öff. Irrenanstalten, 1898, 5. Aufl. 1915 (preisgekrönt); Einführung in die Psychiatrie . . ., 1907, 2. Aufl. 1919; Propädeutik der Psychiatrie für Theologen und Pädagogen, 1908; Kinderpsychol., 1924; zahlreiche Abhh. in Fachz., u. a. in Wr. klin. Ws., Psychiatr.-Neurolog. Ws. und Jb. für Psychiatrie; usw. Red.: Die Irrenpflege 9ff., 1906ff.; Die Irrenpflege in Österr. in Wort und Bild, 1912.
L: N. Fr. Pr. vom 11. 3. 1916 (Abendausg.); A. Mauczka, in: Geisteskrankenpflege 34, 1930, S. 171ff. (mit Werksverzeichnis); Der oesterr. k. Orden der Eisernen Krone und seine Mitgl., 1912, S. 195 (mil Bild); KA Wien; Mitt. E. Schlöss, Wien.
(M. Jantsch)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 213f.
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