Schlusche, Eduard (1894-1945), Jugendführer und Buchhändler

Schlusche Eduard, Jugendführer und Buchhändler. Geb. Bennisch, Mähren (Horní Benešov, Tschechoslowakei), 12. 10. 1894; gest. Hamburg (Deutschland), 3. 5. 1945. Sohn eines Bürstenmachers; ab 1901 in Freudenthal (Bruntál), besuchte er dort die gewerbliche Fortbildungsschule, begann 1908 die kaufmänn. Lehre in einem Sägewerk und trat 1909 der kath. Arbeiterjugendbewegung Anton Orels, die damals im Gegensatz zu Leopold Kunschak stand, bei. Während des Ersten Weltkriegs war S. als Feldwebel in Troppau (Opava) stationiert; nach Kriegsende wurde er Präfekt der Marian. Kongregation. 1922 Prokurist in der Holzind. in Lobnig (Lomnice), erwarb er im gleichen Jahr seine Lizenz als Buchhändler, sodaß er sich von nun an hauptberuflich der Verbreitung kath. Schriften widmen konnte. In Nordmähren und Schlesien organisierte er die kath. Handwerkerjugend, die er z. Tl. aus Orels K.v.Vogelsang-Bund rekrutierte und die er im Sinne der Sozialromantik und des Literaturideals des Wr. Kralik-Kreises zu beeinflussen trachtete. Dies und die Verbreitung monarchist. Schriften in der ČSR anläßlich des Restaurationsversuchs K. Karls (s. d.) 1922 brachte ihn in Gegensatz zu Ignaz Seipel. Auf dem Katholikentag in Mariaschein (Krupka-Bohosudov) 1920 zum Obmann des Reichsbundes der kath. Jugend gewählt, organisierte er ab 1924 die jährlich stattfindenden Jugendwochen in Spornhau (Ostružná), wobei er sich inhaltlich an der Liturg. Bewegung um Pius Parsch und der religiösen Abstinenzlerbewegung „Quickborn“ orientierte. Spannungen mit weiten Kreisen des Klerus ließen S. 1929 auf eine erneute Kandidatur verzichten, 1930 wurde seine Tätigkeit von der kath. Jugendführung, bes. von Weihbischof Schinzel (s. d.), sogar verurteilt. Als Buchhändler fand S., der seit 1925 in Freudenthal, seit 1926 in Lobnig und seit 1939 in Troppau Niederlassungen unterhielt, Financiers in böhm. Adelskreisen und erfreute sich des größten Umsatzes kath. Schriften in der ČSR. Ab 1933 richtete sich sein Wirken auch gegen den Nationalsozialismus: Auf Schleichwegen verbreitete er bei ihm verlegte und in Deutschland verbotene Schriften des polit. Katholizismus im Dritten Reich. Auch die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ wurde von S. in hoher Auflage nach Deutschland gebracht. Nach der Besetzung der ČSR verlegte S. auch kath. tschech. Literatur. Im Dezember 1940 wurde S. von der Gestapo unter Hausarrest gestellt, sein Verlag geschlossen. 1941 kam er in Troppau in Gerichtshaft, im selben Jahr in das KZ Auschwitz (Oświeçim), im Dezember 1942 in das KZ Hamburg-Neuengamme. Beim Evakuierungsversuch zu Kriegsende auf ein Schiff gebracht, fand S. bei einem Fliegerangriff den Tod. Als Politiker stets am monarchist. Gedankengut sowie an Orels Sozialromantik festhaltend, war S. aufgrund der Gegnerschaft der Christlichsozialen, aber auch ehemaliger eigener Parteigänger, kein dauerhafter Erfolg beschieden. Seinen Buchhändler- und Verlegerberuf faßte er stets als Dienst am Laienapostolat auf. Sein Bruder Anton (1897–1940) war 1935–38 Abg. der Dt. christlichsozialen Volkspartei im Prager Parlament.

L.: Volksbote (München) vom 17. 10. 1964 (mit Bild), 12. 2. 1971 und 4. 10. 1974; H. Schubert, in: Sudetenland 7, 1965, S. 59f.; ders., in: Mähr.-Schles. Heimat 19, 1974, S. 240f.; K. A. Huber, in: Archiv für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien 5, 1978, S. 94f., 97; Hdb. der sudetendt. Volksbildung, hrsg. von E. Lehmann, 1931, S. 356, 358; Die dt. Katholiken in der Tschechoslowak. Republik, hrsg. von H. Donat, 1934, S. 216, 264; J. Rambousek, in: A. Orel . . . Eine Festgabe aus Anlaß der Vollendung seines 70. Lebensjahres, hrsg. von E. J. Görlich, A. M. Knoll und A. Stachelberger, 1952, S. 34; F. Blaschke, in: Kirche, Recht und Land. FS Weihbischof Prof. Dr. A. Kindermann dargeboten zum 70. Lebensjahre . . . von K. Reiß und H. Schütz, 1969, S. 258; A. K. Huber, in: Ein Leben – drei Epochen. FS für H. Schütz zum 70. Geburtstag, 1971, S. 304, 309f.; P. Buhl, Troppau von A bis Z, 1973, S. 100f.; J. W. Brügel, Tschechen und Deutsche 1939–46, 1974, S. 135f.; K. A. Huber, in: Kultur und Gesellschaft in der Ersten Tschechoslowak. Republik, 1982, S. 211f.; Troppau. Schles. Hauptstadt zwischen Völkern und Grenzen, hrsg. von E. Schremmer, 1984, S. 125; K. A. Huber, E. S. (1894–1945). Ein christlicher Streiter in neuerer Zeit ( = beitrr. – Kleine Reihe des Inst. Bohemicum 6), 1985 (mit Bild); Mitt. G. Ludwig, Lauingen, Bayern, Deutschland.
(A. K. Huber)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 224f.
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