Schmit von Tavera, Ernst (1839-1904), Diplomat

—von Tavera Ernst, Schmit v. T., Diplomat. Geb. Wien, 1. 1. 1839; gest. ebenda, 5. 11. 1904. Sohn des Vorigen, Bruder des Folgenden. Stud. Jus an der Univ. Wien 1857–60 und absolv. nach kurzer Tätigkeit an der Finanzlandesdion. NÖ 1861 die Diplomatenprüfung. Ab 1862 arbeitete er als unbesoldeter Attaché in Bern. 1864 als Attaché der Gesandtschaft in Mexiko beigegeben, erlebte S. 1867 die Tragödie K. Maximilians (s. Ferdinand Maximilian) mit. Vom bereits gefangenen K. aufgefordert, als Zeuge vor dem Kriegsgericht auszusagen, reiste er auf abenteuerl. Weise nach Querétaro und sah sich bald in Intrigen und angebl. Befreiungsversuche verwickelt. S. war bei der Gerichtsverhandlung anwesend, deren Scheinlegitimität er kritisierte. Noch vor der Erschießung des K. aus Querétaro ausgewiesen, verließ er mit dem österr. Geschäftsträger Eduard v. Lago heimlich Mexiko, da er befürchtete, als Geisel genommen zu werden, kehrte aber zur Einbalsamierung des Leichnams zurück. Noch 1867 zum Legationssekretär befördert, wurde S. nach Kopenhagen, 1870 nach Stockholm, 1872 nach Athen und 1874 nach Washington versetzt. 1878 Legationsrat, arbeitete S. 1879–83 an der österr. Botschaft in Rom (Quirinal), danach in Berlin. Ab 1887 ao. Gesandter in Washington und ab 1894 in Rio de Janeiro, wurde er 1896 in Disponibilität versetzt, 1899 in die Zentrale einberufen und trat 1901 i. R. Einem ausdrückl. Wunsch K. Maximilians folgend, arbeitete S. ab 1870 an einer Geschichte der letzten drei Lebensjahre des K. und konnte somit 1874 den ersten Augenzeugenber. eines Europäers von der Hauptverhandlung des Kriegsgerichts vollenden. Die Druckerlaubnis wurde ihm jedoch nicht erteilt, und erst nach seinem Austritt aus dem aktiven Dienst konnte das sehr ausgewogene Werk – wobei S. auch nun zahlreiche Korrekturen in Kauf nehmen mußte – erscheinen. Als Diplomat wird S. eher durchschnittl. Begabung attestiert, als Chronist leistete er hingegen Pionierarbeit.

W.: Die mexikan. Kaisertragödie. Die letzten sechs Monate meines Aufenthaltes in Mexiko im Jahre 1867, 1903, 2. Aufl. 1903; Geschichte der Regierung des K. Maximilian I. und die französ. Intervention in Mexiko 1861–67, 2 Bde., 1903.
L.: F. Prinz zu Salm-Salm, Queretaro. Bll. aus meinem Tagebuch in Mexico 1, 1868, S. 238f., 2, 1868, S. 54; L. Ritter v. Przibram, Erinnerungen eines alten Oesterreichers (1), 1910, S. 55, 189; Maximilian von Mexiko. Das Ende eines K. Bll. aus dem Tagebuch des Prinzen F. zu Salm-Salm, hrsg. von O. Hellinghaus ( = Bibl. wertvoller Denkwürdigkeiten 8), 1928, S. 146; H. M. Hyde, Mexican Empire, 1946, S. 330, 336; F. Gamillscheg, Kaiseradler über Mexiko, 1964, s. Reg.; E. Daniek, Sie zogen nach Mexiko. Ein Denkmal für die österr. Freiwilligen unter K. Maximilian 1864–67 ( = Hist. Bildungsr. 1), (1964), S. 88, 109; J. A. Ortega y Medina, in: La intervención francesa y el imperio de Maximiliano, hrsg. von A. Arnaiz y Freg und C. Bataillon, 1965, S. 203; Das Ende des maximilian. Kaiserreichs in Mexico. Ber. des kgl. preuß. Ministerresidenten A. v. Magnus an Bismarck, 1866/67, hrsg. von J. Kühn,(1965), S. 237, 264, 267, 295, 324, 329; J. Wiedenhofer, Die öff. Meinung in Österr. zum Abenteuer K. Maximilian I. von Mexiko, phil. Diss. Wien, 1978, S. 172, 174, 213; L. Frh. v. Flotow, November 1918 auf dem Ballhausplatz. Erinnerungen . . ., bearb. von E. Matsch, 1982, S. 375; H. Drimmel, Die Antipoden. Die Neue Welt in den USA und das Österr. vor 1918, 1984, S. 309, 547, 561; K. Ratz, Das Militärgerichtsverfahren gegen Maximilian von Mexiko 1867 ( = Hardegger Beitrr. zur Maximilian-Forschung 3), 1985, S. 252, 256; E. Matsch, Der Auswärtige Dienst von Österr. (-Ungarn) 1720–1920, 2. Aufl. 1986, S. 146f.; ders., Wien – Washington: Ein Journal diplomat. Beziehungen 1838–1917, 1990, S. 4f., 334; Haus-, Hof- und Staatsarchiv, UA, beide Wien; National Archives, Washington, D. C., USA.
(R. Agstner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 312f.
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