Schmid, Maria; verehel. Raidel (Reidel, Reidl) (1794-1864), Lehrerin und Erzieherin

Schmid Maria verehel. Raidel (Reidel, Reidl), Lehrerin und Erzieherin. Geb. Au-Rehmen (Bregenzerwald, Vorarlberg), 8. 10. 1794; gest. Rankweil-Brederis (Vorarlberg), 14. 1. 1864. Schwester des Pädagogen und Fachschriftstellers Johann Joseph S. (s. d.); wirkte als Lehrerin vorerst in Dornbirn und Bregenz, übersiedelte aber 1818, wohl veranlaßt durch ihren Bruder, als Erzieherin an die von Johann Heinrich Pestalozzi geleiteten Erziehungsanstalten nach Yverdon-les-Bains/Iferten (Kt. Waadt). In der Schweiz vervollkommnete sie ihre Bildung sowie pädagog. Fähigkeiten und entfaltete dort eine erfolgreiche Tätigkeit. 1825 folgte sie als einzige Lehrerin Pestalozzi, als dieser das Inst. in Yverdon auflassen und sich an die Stätte seines ersten Wirkens, den Neuhof b. Birr (Kt. Aargau) zurückziehen mußte, und blieb bis zum Tod des Pädagogen (1827) an dessen Seite. S., eine hochbegabte Erzieherin und schon in Vorarlberg von Schülern und Eltern als Lehrerin angesehen, wurde auch von Pestalozzi sehr geschätzt und von zahlreichen hochgestellten, aus verschiedenen Gegenden Europas kommenden Besuchern der Pestalozzischen Anstalt ihrer Bildung, Umsicht und Tatkraft wegen gerühmt. Bes. verdient machte sie sich um die bis 1819 in Clendy (Yverdon), dann im Schloß von Yverdon untergebrachte Armenanstalt bzw. -schule, die der Heranbildung von Lehrern diente. Sie verlobte sich mit dem 1818–20 bei Pestalozzi lernenden und lehrenden S. L. Roth (s. d.), dem späteren Nationalhelden der Siebenbürger Sachsen, mit dem gem. sie erzieher. tätig sein zu können hoffte. Nach der Rückkehr Roths in die Heimat löste S. jedoch, trotz offensichtlich tiefer seel.-geistiger Übereinstimmung, die Verbindung. Obwohl Roths Briefe, auch jene an S., erhalten blieben und viel über S.s Persönlichkeit aussagen, sind die Gründe für die Trennung unklar. Widerstände der beiderseitigen Familien gegen eine Heirat werden angenommen, maßgebend dürfte aber S.s fehlende Bereitschaft gewesen sein, ihren Schweizer Wirkungskreis zu verlassen, aus dem sie auch ein Ruf nach Italien nicht zu lösen vermochte. Erst viele Jahre später (1834) und nach Pestalozzis Tod heiratete die emanzipiert denkende wie handelnde Frau und führte in der Folge gem. mit ihrem Mann einen Gastbetrieb in Brederis. Ihre beträchtliche Hinterlassenschaft vererbte sie, selbst kinderlos, ihrem Neffen, Karl Pestalozzi, dem Urenkel des großen Pädagogen. S., deren Name mit Pestalozzi und Roth untrennbar verbunden ist, zählt zu den bedeutendsten Frauengestalten Vorarlbergs.

L.: (meist auch für Johann Joseph S.): Neue Zürcher Ztg. vom 18. 2. 1929 (Mittagsausg.), 9. und 10. 1. 1960; Vorarlberger Tagbl. vom 28. 1. 1933 (Beilage) und 20.–27. 11. 1943; H. Nägele, in: Jb. 1929 des Vorarlberger Landesmus. in Bregenz, 1929, S. 45ff.; O. Kohlmeyer, in: Die Mittelschule (Halle) 52, 1938, S. 458ff.; ders., in: Schule und Leben (Hermannstadt) 73, 1938/39, S. 145ff.; O. Folberth, in: Siebenbürg.Archiv 1, 1962, S. 201ff.; H. Nägele, in: Österr. Begegnung. Vjs. für Kultur und Zeitgeschichte 4, 1963, H. 3/4, S. 83ff.; ders., Montfort 18, 1966, S. 454ff.; f. Obert, S. L. Roth 1, 1896, S. 34; Liebesbriefe S. L. Roths, hrsg. von O. Folberth, 1924 (Briefe an S.), Neuausg. in: S. L. Roth, Ges. Schriften und Briefe 2, hrsg. von O. Folberth, 2. Aufl. 1970; f. Holzträger, Deus bene vertat! Stud. zu S. L. Roths Seelenleben, in: Nösner Gabe 1928. Eine FS . . . des Ver. für siebenbürg. Landeskde., 1928, bes. S. 43ff., auch selbständig; Th. Mayer, Deutscher im Osten, 1932, S. 87, 105ff., 154ff. (Roman); M. Müller-Wieland – H. Schönebaum, Pestalozzis Beziehungen zu Österr. und Rußland, (1962), S. 74, 76; s. auch Literaturverzeichnis Johann Joseph S.
(F. Hillbrand-Grill)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 285f.
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