Schmidt, Joseph (1904-1942), Sänger und Filmschauspieler

Schmidt, — Joseph Sänger und Filmschauspieler. Geb. Dawideny, Bukowina (Davideni, Rumänien), 4. 3. 1904; gest. Girenbad b. Hinwil, Kt. Zürich (Schweiz), 16. 11. 1942. Sohn des Pächterehepaars Wolf und Sara S., mos.; nach Übersiedlung der Familie nach Czernowitz (Černivci) sang S. im Chor der Synagoge und erhielt 1915 den ersten Gesangs-, 1916 in Kremsier (Kroměříž) Violinunterricht. Ab 1918 wieder in Czernowitz, besuchte S. dort das Gymn., 1922–23 die Handelsakad. und nahm weiteren Gesangsunterricht, den er, unterstützt von seinem Onkel und späterem Manager, Leo Engel, 1925–26 an der Hochschule für Musik in Berlin (Schüler von Hermann Weissenborn) fortsetzte. Nach dem Militärdienst in Rumänien wurde er 1929 von Cornelius Bronsgeest, dem Leiter der Opernabt. des Berliner Rundfunks, engagiert. Sein Debüt als Rundfunksänger am 29. 3. 1929 (Vasco da Gama in Meyerbeers „Die Afrikanerin“), weitere Rundfunkproduktionen (Hans in Smetanas „Die verkaufte Braut“, Lionel in Flotows „Martha“), zahlreiche Konzertauftritte und bald einsetzende Schallplattenaufnahmen (sein Repertoire reichte von Mozart bis zum italien. Verismo) machten S. zu einem Star von außerordentlicher Popularität – seiner geringen Körpergröße wegen allerdings nur innerhalb der zu dieser Zeit aufblühenden Medien Rundfunk, Schallplatte und Tonfilm. Seiner ersten Filmrolle in „Der Liebesexpress“ (Urauff. Berlin 1931) folgte der unerhörte Siegeszug von „Ein Lied geht um die Welt“ (Musik von Hans May, Urauff. Berlin 1933, auch engl. Version). Nach der nationalsozialist. Machtübernahme in Deutschland wurde S., schon vorher diffamiert und angefeindet, mit Auftrittsverbot belegt und Wien immer mehr zu seinem Lebenszentrum, ab 1935 sein Wohnort. Hier wurden die nächsten Filme „Wenn du jung bist, gehört dir die Welt“, 1933, „Ein Stern fällt vom Himmel“, 1935, auch engl. Version, und „Heut ist der schönste Tag in meinem Leben“, 1936, alle mit der Musik von Hans May, gedreht und uraufgef. Von seinen Konzertreisen sind jene 1934 nach Palästina (Tel Aviv, Haifa und Jerusalem) sowie seine Amerikatournee 1937–1938 (mit Auftritten u. a. in der New Yorker Carnegie Hall) hervorzuheben. 1938 wieder in Wien, gab er im Herbst desselben Jahres Konzerte in Belgien und ließ sich 1939 in Brüssel nieder, wo er als Rudolf in Puccinis „La Bohème“ einen seiner seltenen Bühnenauftritte hatte. Infolge des Kriegsverlaufs mußte S. 1940 aus Belgien flüchten, hielt sich in Südfrankreich auf und gelangte 1942 unter großen Schwierigkeiten in die Schweiz; dort wurde er im Lager Girenbad interniert und starb kurz darauf völlig mittellos. S. wurde als Sängertyp mit einem Richard Tauber oder Benjamino Gigli verglichen, seine – allerdings kleine und nicht restlos durchgebildete – lyr. Tenorstimme zeichnete sich durch Brillanz und Strahlkraft in der hohen und höchsten Lage und ein für S. charakterist. „wehmütiges“ Timbre aus.

L.: Der Spiegel 12, 1958, S. 76ff.; Kunst und freie Berufe 21, November 1967, S. 9; H. Thielen, in: Fono Forum, September 1981, S. 28ff.; Enc. Jud.; Hdb. der Emigration 2; Riemann, 12. Aufl.; Wininger; Wir von der Oper, hrsg. von W. Firner, 1932, S. 102f.; G. Saleski, Famous Musicians of jewish origin, 1949, S. 620; Kleines Lex. des österr. Films, hrsg. von L. Gesek ( = Filmkunst 22/30), 1959; S. Bickel, Rumänien, 1961, S. 140ff.; C. Ritter, Ein Lied geht um die Welt, 2. Aufl. (1961) (belletrist.); G. und K. Ney-Nowotny, J. S., 1967 (mit Bildern); W. Formann, Der Vorhang hob sich nicht mehr ( = Schriften der Künstlergilde 13/14), 1974, S. 174f.; H. Seeger, Opernlex., 1978; Das grosse Lex. der Musik, hrsg. von M. Honegger und G. Massenkeil, 7, (1982); H. Holba u. a., Reclams dt. Filmlex., (1984); J. Kesting, Die grossen Sänger 2–3, 1986, s. Reg.; K. J. Kutsch – L. Riemens, Großes Sängerlex. 2, (1987), Erg.Bd., (1991).
(C. M. Gruber)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 276f.
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