Schmiedl, Georg (1855-1929), Politiker und Pädagoge

Schmiedl Georg, Politiker und Pädagoge. Geb. Proßnitz, Mähren (Prostějov, Tschechien), 11. 9. 1855; gest. Wien, 24. 2. 1929. Sohn eines Lehrers, mit acht Jahren verwaist, besuchte S. 1866 als Privatist das Realgymn. in Ung.-Hradisch (Uherské Hradiště), ab 1867 in Olmütz (Olomouc) und absolv. dann bis 1876 das Lehrerseminar in Wien. S. wirkte 1879 als prov., 1880 als def. Unterlehrer und ab 1882 als Lehrer an Wr. Volksschulen. Schon als junger Lehrer von Eduard Glaser (s. d.) in die Freidenkerbewegung eingeführt, kam er mit den Zirkeln organisierter Arbeiter in Berührung. Während der Spaltung und Verfolgung der Arbeiterbewegung (1884) schloß S. sich den „Radikalen“ an. Er hielt zahlreiche Vorträge, wobei ihm jener über „Die Notwendigkeit einer neuen Weltanschauung“ im Rahmen des von Eduard Schwella gegründeten Ver. „Freie Kirche der Vernunft“ eine Disziplinaruntersuchung mit dem Erkenntnis einer schweren Rüge eintrug. Entscheidend für seinen polit. Werdegang wurde eine Begegnung mit Victor Adler (s. d.), von dem er 1887 zu Verhh. mit der dt. Sozialdemokratie nach Zürich geschickt wurde und unter dessen Einfluß S. als Befürworter einer Vereinigung von „Radikalen“ und „Gemäßigten“ am Hainfelder Parteitag 1888/89 teilnahm. Mitarbeiter der „Gleichheit“ und der „Arbeiter-Zeitung“ sowie Mitbegründer des Ver. „Volkstümliche Presse“ und des Zentralver. der Wr. Lehrerschaft, war S. auch mit Kronawetter und Pernerstorfer (beide s. d.) befreundet. Sein Wirkungsbereich war allerdings nicht Parteipolitik im engeren Sinn: 1895 gab er den Anstoß zur Gründung der Naturfreunde, 1908 befand er sich unter den Gründern der Wr. Pädagog. Ges., 1914 führte er in Wien atheist. „Weiheabende“ ein, um für die Natur zu begeistern, und begründete noch im selben Jahr ein Schulreformkomitee. 1919 wurde S., der durch seine polit. Tätigkeit mehrfach berufl. Maßregelungen erfahren hatte, zum Pädagog. Insp. der Stadt Wien ernannt. Er gilt als einer der Pioniere der Sozialdemokrat. Erziehungs-, Bildungs- und Lebensreformbewegung, dessen Vorstellung von einer Veredelung des Proletariats zu einem „sozialistischen Menschen“ auch in intellektuellen Kreisen Anklang fand.

W.: Die darstellende Arbeit, eine Notwendigkeit für alle Schulen. Ber., erstattet auf dem „Ersten österreichischen Schulreformtage, am 21. 7. 1909“, 1909; Die Werkstatt des Kindes ( = Führer ins Leben 4), (1913); usw.
L.: Arbeiter-Ztg. vom 10. 9. 1925 und 25. 2., Wr. Ztg. vom 27. 2. 1929; Der Freigeist 2, 1925, n. 9/10, S. 1; Der Naturfreund 29, 1925, S. 139f., 33, 1929, S. 51f. (beide mit Bild); Der Freidenker 33, 1929, S. 50; Der Naturfreund 42, 1949, S. 52 (mit Bild); Bourdet; 1895–1945. 50 Jahre Naturfreunde, (1946), S. 4, 9, 14, 22 f. (mitBild); H. Steiner, Die Arbeiterbewegung Österr. 1867–89 ( =Veröff. der Arbeitsgemeinschaft für Geschichte der Arbeiterbewegung in Österr. 2), (1964), S. 268; Hainfeld. Ein Heimatbuch, hrsg. von H. Bauernebel und L. Felber. (1965), S. 32; G. Schügerl, 80 Jahre Naturfreunde Österr., (1975), S. 35, 37, 57, 100; E. Glaser, Im Umfeld des Austromarxismus, (1981), S. 160; A. Magaziner, Die Bahnbrecher, 1985, S. 97ff. (mit Bild); R. Löw, Arbeiterbewegung und Zeitgeschichte im Bild 1867– 1938, 1986, S. 294; Die Arbeiter von Wien, hrsg. von K. Stimmer, (1988), s Reg.; Die Bewegung. 100 Jahre Sozialdemokratie in Österr., hrsg. von E. Fröschl u. a., 1990, s. Reg.; Archiv des Ver. für Geschichte der Arbeiterbewegung, Wien; Mitt. F. Spurný, Šumperk, Tschechien.
(B. Unfried)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 330
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