Schneider, Carl Samuel (1801-1882), Superintendent und Politiker

Schneider Carl Samuel, Superintendent und Politiker. Geb Bielitz, österr. Schlesien (Bielsko-Biała, Polen), 22. 9. 1801; gest. ebenda, 25. 7. 1882. Sohn eines Tuchmachers; evang. AB. Nach Schulausbildung in Bielitz, am evang. Gymn. in Teschen (Cieszyn/Český Těšín) und am evang. Lyzeum in Preßburg wirkte S. 1821–25 als Lehrer in seiner Heimatstadt, wo er 1824 zum Vikar ernannt wurde, was heftige Proteste der Kirchengemeinde, die sich bei S. s Bestellung vom damaligen Superintendenten Schmilz (von Schmetzen) (s. d.) übergangen fühlte, zur Folge hatte. Danach stud. S. 1825–28 an der protestant.-theolog. Lehranstalt in Wien, ehe er 1828–33 als Rektor der Protestant. Schule nach Bielitz zurückkehrte. 1832 zum Pastor von Bielitz bestellt. 1858–64 fungierte er als Senior der schles. Gemeinden und Schuldistriktsaufseher, 1864–82 als mähr.-schles. Superintendent und außerdem 1871 bzw. 1877 als Präs. der 2. bzw. 3. Generalsynode AB. in Wien. Zu Beginn seiner polit. Laufbahn vertrat S. den Wahlkreis Bielitz 1848/49 im Reichstag, wo er sich zunächst im Gefolge von Kudlich (s. d.) für die Bauernbefreiung einsetzte. Sein Hauptanliegen stellte jedoch die Akatholiken-Emanzipation dar, die mit dem Erlaß des prov. Protestantengesetzes vom Jänner 1849 ihren Anfang nahm. 1861–70 Abg. im schles. Landtag, 1861–71 – als einziger evang. Geistlicher Österr. – im Reichsrat, wobei er sich der „Verfassungspartei“ auf der demokrat. Linken zugehörig fühlte. Im konfessionellen Ausschuß bekämpfte er v. a. das Konkordat von 1855 und trat vehement für konfessionelle Gleichberechtigung und Parität in der parlamentar. Willensbildung ein. S. engagierte sich intensiv beim Ausbau von Bielitz als Schulzentrum. Er war nicht nur maßgebl. an der Einrichtung der evang. Bürgerschule und der städt. Mittelschulen, sondern auch am Bau der evang. Lehrerbildungsanstalt in Bielitz beteiligt, bei deren Eröffnung 1867 er das Commandeur-Kreuz des Franz Joseph-Ordens erhielt. S. war 1862 außerdem Mitbegründer des Hauptver. der Evang. Gustav-Adolf-Stiftung. 1871 wurde er Ehrenbürger von Bielitz. S. war theolog. geprägt durch einen milden Pietismus und die Phil. des dt. Idealismus. Er war außerdem für seine Predigten bekannt und hatte großen Anteil am Aufbau des konfessionellen Schulwesens in Schlesien. Als einer der führenden evang. Politiker seiner Zeit legte er in seinem polit. Wirken bes. Augenmerk auf konfessionelle Anliegen, daneben war er, gemäß seiner Herkunft aus einer vom Nationalitätenkonflikt bes. belasteten Region, auch prodeutsch orientiert.

W.: Evang. Gesangbuch für Gemeinde und Haus, gem. mit J. Hönel, 1852; Erz. eines alten Pastors aus seinem Leben, 1880; zahlreiche Predigten und Gelegenheitsreden aus den Jahren 1838, 1848, 1855, 1859, 1869, 1879; usw.
L.: Der österr. Protestant 7. 1882, S. 221ff.; Hahn, 1867; Wurzbach; G. Trautenberger, Ein Vierteljh. unter dem Gustav-Adolfs-Banner 1862–87, 1887, S. 3f., 6, 8, 67f.; M. Modl, Kurzer Abriß der Geschichte der evang. Kirchengemeinde A.B. zu Bielitz, 1896; R. E. Wagner, Der Bielitzer Zion in den Predigten seiner Pastoren 1782–1921, 1921, S. 83f.; E. Kneifel, Die Pastoren der Evang.Augsburg. Kirche in Polen, (1971), S. 241f.; O. Wagner, Mutterkirche vieler Länder ( = Stud. und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte, R. 1, 4/1–2), 1978, s. Reg.; W. Kuhn, Geschichte der dt. Sprachinsel Bielitz (Schlesien) ( = Quellen und Darstellungen zur schles. Geschichte 21), 1981, s. Reg.; H. Patzelt, Geschichte der evang. Kirche in Österr.-Schlesien ( = Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien 5), 1989, s. Reg.; Archiv des Evang. Oberkirchenrats AB und HB, Wien.
(K.Schwarz)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 371f.
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