Schneider Franz Ser. Cölestin von, Chemiker und Mediziner. Geb. Krems (Krems a. d. Donau, NÖ), 28. 9. 1812; gest. Wien, 29. 11. 1897. Sohn eines aus dem österr. Breisgau stammenden Schneidermeisters, Vater des Robert v. S. (s. d.), Schwiegervater des Anatomen Anton Weichselbaum. Trat nach Besuch des Gymn. und der philosoph. Lehranstalt in Krems 1831 in das Benediktinerstift Göttweig ein, das er 1835 noch vor den höheren Weihen wieder verließ, führte aber den Klosternamen Cölestin zusätzl. weiter. Stud. ab 1836 Med. an der Univ. Wien, 1842 Dr. med. et Mag. obstet., 1843 Dr. chir. Anschließend arbeitete er zunächst als prakt. Arzt in Herzogenburg (NÖ), kehrte aber 1846 als Ass. für Botanik an die Univ. Wien zurück, wechselte später ins chem. Fach über und war ab 1848 bei J. Redtenbacher (s. d.) an der Univ. Prag, dem er 1849 an die Univ. Wien folgte. 1850 für spezielle anorgan. und organ. Chemie habil., wurde er 1852 Prof. der chirurg. Vorbereitungswiss. (Physik, Chemie, Naturgeschichte) am Feldärztl. Zöglingsinst, erhielt 1853 einen Ruf an die Univ. Pest (Budapest), dem er auf Weisung des Kriegsmin. nicht Folge leisten durfte, und war ab 1854 Prof. der Chemie an der wiedererrichteten Medizin.-Chirurg. Josephsakad., ab 1870 o. Prof. der Allg. und medizin. Chemie an der Univ. Wien, 1875/76 Dekan der medizin. Fak. 1876 wechselte er nach einer 1871 beim Experimentieren erlittenen Augenverletzung als Min.Rat und Sanitätsreferent in das Min. des Inneren über und trat 1888 i. R. S., der bei Redtenbacher die damals moderne Experimentiertechnik erlernt hatte, baute die Wr. Lehrkanzel zu einem Zentrum der chem. Forschung und deren Grenzbereichen aus, bemühte sich um eine Reform der pharmazeut. Stud.- und Prüfungsordnung, die Bekämpfung der Infektionskrankheiten u. a. durch Impfzwang, entfaltete eine umfassende Gutachtertätigkeit, trat energ. für den schließl. 1869–72 durch H. Frh. v. Ferstel (s. d.) errichteten Bau eines eigenen Inst.Gebäudes ein sowie für die Neubearb. der amtl. Pharmakopöe, deren Kommentar er gem. mit anderen besorgte und dabei eigene Experimentierergebnisse einfließen ließ. Er analysierte die Wasser im Raum Wien und gehörte ab 1864 der Expertenkomm. an, die den Bau der 1873 eröffneten Ersten Hochquellenwasserleitung befürwortete. Obwohl 1848 Hptm. der Akadem. Legion in Wien, konnte er nach Flucht und Rückkehr das anfängl. Mißtrauen der öff. Stellen überwinden, wurde später ausgez. und in zahlreiche Ehrenstellen berufen, so war er u. a. ab 1851 Mitgl. des ständigen Militärsanitätskomitees im Min. des Inneren, erster Insp. der k. k. Militärmedikamentenregie, 1864–66 Mitgl. des Wr. Gemeinderates sowie von dessen Wasserversorgungskomm., ab 1876 Mitgl. des Wr. medicin. Doctoren-Collegiums, war ab 1876 Vizepräs, und ab 1879 Präs. des Obersten Sanitätsrates und wurde 1877 in Würdigung seiner Analysen der dortigen Heilquellen Ehrenbürger von Baden, 1882 Reg.Rat, 1885 nob. sowie 1889 lebenslängl. Mitgl. des Herrenhauses. In seinem Werk verband er medizin. Denken mit chem. Spezialistentum, schuf wesentl. Grundlagen für die Gerichtsmed., deren toxikolog. Richtung er begründete, und vollzog die Entwicklung von der Chemie zur Hygiene, deren erste Fachvertreter zu seinen Schülern zählten, aber auch zur Stoffwechselkde, der jüngeren Wr. Schule.