Schneller, Christian (1831-1908), Philologe, Landeskundler, Schriftsteller und Lehrer

Schneller Christian, Philologe, Landeskundler, Schriftsteller und Schulmann. Geb. Holzgau (Tirol), 5. 11. 1831; gest. Gut Cornacalda b. Rovereto, Tirol (Roveredo/Rovereto, Italien), 5. 8. 1908. Sohn des Müllers und späteren Färbers Josef Anton S., der Mitte der 50er Jahre in die USA auswanderte. Ab 1863 mit der Welschtirolerin Maria Canestrini verehel. Stud. nach Gymn.Besuch in Hall i. Tirol und Innsbruck 1851–52 an der Univ. Innsbruck Phil., 1852–53 an der Univ. Wien Med., 1853–55 wieder Phil. (Naturwiss.); 1855 und 1857 Lehramtsprüfung (Dt. und Italien. bzw. Naturgeschichte) in Innsbruck. S. kam 1856 als Supplent ans Gymn. in Rovereto (1858 def.), wurde 1868 Gymn.Prof. in Innsbruck, 1869 Landesschulinsp. für die dt. Volksschulen Tirols, 1874 für die dt., 1891 für sämtl. Mittelschulen Tirols und Vbg. 1897 HR und i. R., 1902 Dr. phil. h. c. der Univ. Innsbruck. S. s schon sehr früh einsetzende, fruchtbare dichter. Produktion (er war enger Mitarbeiter der literar. Z. „Der Phönix“), zum Großteil Heimatpoesie – manchmal mit polit., pro-dt. Tendenz –, war in der Lyrik wie zunächst auch in der Epik von der Romantik geprägt; in seinen besten Werken (den Epen „Sanct Valentin“, 1890, und „Der Einsiedler von Fleims“, 1893, beide in der für ihn charakterist. Form der „Vision“) vollzog er den Übergang zum Realismus. Als Schulpolitiker trat er nach 1866 für die Verbesserung des dt. Schulwesens im Trentino ein, als Landesschulinsp. setzte er in zahlreichen Schriften, aber auch auf Ver.Basis die Schulreform im Kampf gegen die konservativ-klerikale Opposition durch. Seine landeskundl. Arbeiten und insbes. seine Beitrr. zur Namenforschung sind noch heute wichtige, oft zitierte Grundlage einschlägiger Arbeiten. In Etymol. und Ortsnamendeutung bewies er eine sehr solide Kenntnis der hist. Lebensverhältnisse wie auch der systemat. Lautentwicklungen in Tirol. Sehr belesen, war er ein exzellenter Kenner der Archivalien (Urkunden, Urbare, Statuten) wie auch der volkskundl. Besonderheiten seiner Heimat. Von größter Bedeutung ist aber S. s Beschäftigung mit dem Ladin. und dem Trentin.: sein Verdienst ist es, „die Ladinerforschung auf den friaulisch-ladinisch-churwälschen Sprachkreis ausgedehnt zu haben“.

W.: Am Alpsee, 1860; Die roman. Volksmundarten in Südtirol, 1870, Neuaufl. 1970; Landeskde. von Tirol, 1872; Skizzen und Culturbilder aus Tirol, 1877; Der Knappe von Schwaz, 1880 (Drama); Sanct Valentin, 1890 (Epos); Beitrr. zur Ortsnamenkde. Tirols, 3 He., 1893–96; Der Einsiedler von Heims, 1893 (Epos); Blüthen und Garben, 1897 (Ged.); Aus alter und neuer Zeit, 1902 (Erz.); Innsbrucker Namenbuch, 1905; Ged. und Aufsätze in Z. und Ztg.; usw. Hrsg.: Märchen und Sagen aus Wälschtirol, 1867, Nachdruck 1976; Tridentin. Urbare aus dem 13. Jh. ( = Quellen und Forschungen zur Geschichte, Litteratur und Sprache Österr. und seiner Kronländer 4), 1898.
L.: Innsbrucker Nachrichten vom 6. und 7., Neue Tiroler Stimmen vom 6., 7. und 10., Der Tiroler vom 8. und 15. 8. 1908 (mit Bild); A. Troger, in: Forschungen und Mitt. zur Geschichte Tirols und Vbg. 6, 1909, S. 72ff.; J. Kramer, in: Der Schlern 48, 1974, H. 12 (mit Werksverzeichnis); V. Malfér, ebenda, 55, 1981, H. 12; Brümmer; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg. (mit Bild); Wurzbach; S. M. Prem, Ch. S., 1913; O. Stolz, Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden 1, 1927, S. 15, 192f., 3/1, 1932, S. 305f., 4, 1934, S. 213, 276, 287, 289; G. Fittbogen,f. X. Mitterer und die Anfänge der Volkstumsarbeit, 1930, S. 78, 80ff., 125ff., 148f. (Werksverzeichnis), 159f.; C. Battisti, Storia della „Questione ladina“ ( = Pubblicazione della R. Univ. degli Studi di Firenze, Facoltà di Lettere e Filosofia, Ser. 3/6), 1937, S. 2ff.; ders., Le Valli Ladine dell’Alto Adige, 1962, S. 9, 25f., 29, 35f.; G. Pfaundler, Tirol Lex., 1983; Ch. Schwaighofer, Literar. Gruppen in Tirol, phil. Diss. Innsbruck, 1983, s. Reg.; Geschichte des Landes Tirol 3, (1987), s. Reg. (mit Bild); Literatur Lex., hrsg. von W. Killy, 10. (1991); UA Wien; Mitt. G. A. Plangg, Innsbruck, Tirol.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 50, 1994), S. 395f.
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