Schnitzler, Johann (1835-1893), Laryngologe

Schnitzler Johann, Laryngologe. Geb. Nagybajom, Kom. Somogy (Ungarn), 10. 4. 1835; gest. Wien, 2. 5. 1893. Sohn eines Tischlermeisters, Vater des Arthur S. (s. d.) und des Folgenden, Schwiegersohn des Medizinschriftstellers Philipp Markbreiter, Schwiegervater von M. Hajek (s. d.); mos. Kam in frühem Kindesalter mit seinen Eltern nach Großkanizsa (Nagykanizsa), besuchte dort das Untergymn., ab 1851 das Obergymn. in Pest (Budapest), wo er ab 1855 an der Univ. Med. stud. Ab 1858 stud. er an der Univ. Wien, wurde dort 1860 zum Dr. med. prom. und 1861 Mitgl. des Wr. Med. Doctoren-Collegiums. Anschließend bildete er sich in interner Med. bei Joseph Skoda, dann bei J. v. Oppolzer (s. d.) weiter, dessen Zweiter Ass. er 1863 wurde. Auf Oppolzers Anregung hin wandte er sich der Laryngol. zu, habil. sich 1864 für Perkussion und Auskultation sowie für die Krankheiten der Atmungs- und Kreislauforgane, wurde 1878 Tit. ao., 1880 unbesoldeter ao. Prof. an der Univ. Wien und lehrte 1874–78 Physiol. und Pathol. der Stimme am Konservatorium der Ges. der Musikfreunde. 1872 zählte S. zu den Mitbegründern der Wr. Allg. Poliklinik, stand deren laryngolog. Abt. vor und fungierte ab 1884 als Dir. der Anstalt, die er 1892 in ein neues, nach damals modernsten Prinzipien eingerichtetes Gebäude übersiedeln konnte. An der Poliklinik entfaltete S. eine umfangreiche Lehrund Forschungstätigkeit, die ihm bald internationale Anerkennung eintrug. Allen method. Neuerungen gegenüber aufgeschlossen, wendete er als einer der ersten die Inhalationstherapie an, stellte frühzeitig die pneumat. Therapie und die Hypnose in den Dienst der Laryngol., konstruierte einen Respirationsapparat, zählte zu den Pionieren der Galvanokaustik und hielt ab 1884 propädeut. Vorlesungen über Laryngo- und Rhinoskopie. Ab 1873 befaßte er sich mit Neurosen des Kehlkopfes. S. widmete sich daneben auch organisator. Fragen des Lehrbetriebs, veröff. ungefähr 150 fachwiss. Publ. und war an Begründung wie Hrsg. mehrerer med. Z. beteiligt. Einzelnes aus seinem Leben bzw. seiner Tätigkeit dienten seinem Sohn Arthur S. als Anregung für dessen Ärztedrama „Professor Bernhardi“ (1912). Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn wurde zum Stoff im Novellenfragment „Der Sohn des Berühmten“ und im „Theaterroman“ (publ. 1967 als „Roman-Fragment“). S., der aus kleinsten Verhältnissen stammte und zur angesehenen Kapazität aufstieg, zählte Wiens Sänger- und Schauspieler-Prominenz zu seinen Patienten. Er fand vielfach Anerkennung, u. a. wurde er 1883 Reg.Rat. Er gehört zu den Wegbereitern der modernen Laryngol. und schuf mit seinen Arbeiten, v. a. mit seinem postum erschienenen Atlas, wichtige Behelfe für dieses Fach.

W.: Ueber die Anwendung der Galvanokaustik bei Kehlkopfkrankheiten, in: Wr. Med. Presse 8, 1867; Die pneumat. Behandlung der Lungen- und Herzkrankheiten, in: Wr. Clinik 1, 1875, 2. Aufl. selbständig, 1877; Ein neuer kontinuirl. wirkender Respirationsapparat, in: Wr. Med. Presse 17, 1876; Ueber Laryngoskopie und Rhinoskopie und ihre Anwendung in der ärztl. Praxis, in: Wr. Clinik 5, 1879, auch selbständig (6 Vorträge); Ueber Lungensyphilis und ihr Verhältnis zur Lungenschwindsucht, in: Wr. Med. Presse 20, 1879, selbständig 1880; Ueber Anwendung und Wirkung des Cocains bei Krankheiten der Nase, des Rachens und des Kehlkopfes, ebenda, 26, 1885, auch selbständig; Exstirpation von Nasenpolypen in der Hypnose nebst Bemerkungen über Anwendung des Hypnotismus bei Neurosen des Larynx, in: Internationale Klin. Rundschau 2, 1888; Robert Koch’s Heilverfahren gegen Tuberkulose, ebenda, 4, 1890; usw. Hrsg.: Wr. Clinik 1 ff., 1875 ff.; Klin. Zeit- und Streitfragen 1 ff., 1887 ff.; Klin. Atlas der Laryngol. . . ., gem. mit M. Hajek und A. Schnitzler, 1895; usw. Red.: Wr. Medizinal-Halle (ab 6, 1865, Med.-chirurg. Rundschau) 2 f., 1861 ff. (anfangs gem. mit Ph. Markbreiter); Wr. Med. Presse 1 ff., 1861 ff. (anfangs gem. mit Ph. Markbreiter); Internationale Klin. Rundschau 1 ff., 1887 ff. (1, 1887, gem. mit B. Weiss); usw.
L.: Internationales Centralbl. für Laryngo-Rhinol. 9, 1892/93, S. 575ff.; W. Winternitz, in: Internationale Klin. Rundschau 7, 1893, Sp. 697ff.; S. Basch, ebenda, 7, 1893, Sp. 760f.; Wr. klin. Ws. 19, 1893, S. 357; Inauguration Univ. Wien 1893/94, 1893, S. 11f.; Wr. Med. Presse 34, 1893, Sp. 746; Med.-Chirurg. Central-Bl. 28, 1893, S. 253; Jahresber. der Wr. Allg. Poliklinik . . . 22, S. 5f.; H. Marschik, in: WMW 78, 1928, S. 1579ff. (mit Bild); E. H. Majer, in: Wr. klin. Ws. 59, 1947, S. 602; ders., in: Österr. Ärzteztg. 27, 1972, S. 693f. (mit Bildern); R. Speck, in: Historia Hospitalium 14, 1981, S. 301ff.; ADB 54; Eisenberg, 1893, Bd. 2; Hirsch; Jew. Enc.; Lesky, s. Reg., bes. S. 417ff.; Pagel; Universal Jew. Enc.; Wininger; The Jews of Austria, hrsg. von J. Fraenkel, (1967), S. 58; A. Schnitzler, Jugend in Wien, hrsg. von Th. Nickl und H. Schnitzler, (1968), s. Reg. (mit Bildern); S. Frohne, Personalbibliographien der Prof. und Doz. der Inneren Med. an der Med. Fak. der Univ. Wien . . . 1850–75, (1972), S. 99ff.; H.-U. Lindken, A. Schnitzler, Aspekte und Akzente ( = Europ. Hochschulschriften, R. 1, 754), (1984), s. Reg. (mit Bild); E. H. Majer – M. Skopec, Zur Geschichte der Oto-Rhino-Laryngol. in Österr., 1985, S. 74f. (dt. und engl., mit Bildern); E. Deimer, Chronik der Allg. Poliklinik in Wien . . ., 1989, s. Reg., bes. S. 114f. (mit Bild); P. Steines, Hunderttausend Steine, (1993), S. 188 (mit Bild); A. Kohut, Berühmte israelit. Männer und Frauen . . . 2, o. J., S. 288 (mit Bild); s. auch Werks- und Literaturverzeichnis zu Arthur Schnitzler; UA Wien.
(E. H. Majer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 50, 1994), S. 410f.
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