Schoder, (Johann) Joseph (1818-1884), Arzt und Magnetiseur

Schoder (Johann) Joseph, Mediziner und Magnetiseur. Geb. Vandans (Vbg.), 7. 12. 1818; gest. Wien, 12. 12. 1884. Sohn eines Bauern und Kaufmanns. Absolv. nach dem Besuch des Gymn. in Innsbruck 1839–41 die phil. Jgg. am Lyzeum Salzburg, stud. ab 1841 Med. an der Univ. Wien, wurde nach krankheitsbedingter Verzögerung 1848 zum Dr. med. prom. sowie noch im selben Jahr Mitgl. des Wr. med. Doctoren-Collegiums und war dann als prakt. Arzt in Wien tätig. 1858 erwarb er die ehemalige Spiegelfabrik in Viehofen (St. Pölten), richtete dort eine Kaltwasseranstalt ein, die er jedoch 1867 wieder veräußerte, um neuerl. in Wien zu praktizieren. S., der durch Zufall an sich magnet. Fähigkeiten entdeckt haben soll, kannte wahrscheinl. die Schriften des Tirolers Joseph Ennemoser, welche die von Franz Anton Mesmer aufgestellte Lehre von den Heilkräften des tier. Magnetismus fortführten. Nach Eröffnung seiner Wr. Praxis wandte er seine angebl. schon während der Stud.Zeit genutzte Fähigkeit systemat. an einem sich rasch erweiternden Patientenkreis an. Er setzte den animal. Magnetismus v. a. gegen Nervenleiden, sonstige Schmerzzustände, aber auch gegen Augen- und Ohrenkrankheiten, Entzündungen usw. ein, wenn herkömml. Methoden versagt hatten. Über die Wirksamkeit seiner Behandlung berichtete schon 1850 Anton v. Orosz in einer Broschüre und S. selbst warb in zahlreichen Anzeigen für seine Methode. Dies sowie der riesige Zulauf zu seiner Praxis trugen ihm heftige Angriffe seitens der Wr. Med. Ws. ein. In diesem sog. „Doktorenkrieg“ erhielt er publizist. Unterstützung durch den Journalisten Saphir (s. d.) und eine neuerl. Schrift von Orosz, in der von 16.000 im Laufe von sechs Jahren behandelten Patienten, die überwiegend auch Heilung gefunden hätten, berichtet wird. Da mit seinen Behandlungen keine Todesfolgen in Zusammenhang standen und man eine Abnahme seiner magnet. Heilkräfte durch dauernde bzw. zu intensive Anwendung und damit verbundene nervl. Überbeanspruchung in den späten 50er Jahren wahrzunehmen meinte, gab er schließl. seinen Gegnern keinen Grund mehr zu Aktionen gegen ihn. Während seiner ersten Wr. Periode der bekannteste unter den vielen damals auftretenden Magnetiseuren, zählte er zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten zu seinen Patienten, führte aber auch später eine gesuchte Praxis.

L.: M. G. Saphir, in: Humorist, 5. und 6. 7. 1851; N. Fr. Pr., 15. 12. 1884 (Abendausg.); A. v. Orosz, Schoderiana, l.–2. Aufl. 1850, auch ung. und französ.; Wr. Med. Ws. 1, 1851, Sp. 75f., 171f.; A. v. Orosz, Der Magnetiseur Dr. J. S. und sein heilvolles Wirken in Wien, 1852; Mitth. des Wr. med. Doctoren-Collegiums, 1884, S. 324; H. Barbisch, Vandans, 1922, S. 94 (mit Bild); S. Müller, Drei „Wunderheiler“ aus dem Vbg. Oberland (= Schriftenr. der Rheticusges. 20), 1986, S. 79ff.
(F. Hillbrand-Grill)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 2f.
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