Schöbel, Emmanuel Johann (1824-1909), Generalgroßmeister und Bischof

Schöbel Emmanuel Johann, OCr.c.r.st., Generalgroßmeister und Bischof. Geb. Radowenz, Böhmen (Radvanice, Tschechien), 12. 2. 1824; gest. Leitmeritz (Litoměřice, Tschechien), 28. 11. 1909. Sohn eines Müllers. Früh verwaist, absolv. er das Benediktinergymn. in Braunau (Broumov), die phil. Jgg. an der Univ. Prag. 1844 trat S. in den Prager Orden der Kreuzherren mit dem roten Stern ein; 1848 feierl. Gelübde und Priesterweihe. Nach verschiedenen Kaplanstellen und dem Theol.Stud., u. a. an den Univ. München und Prag, 1852 ebenda Dr. theol., 1853–54 Supplent des Lehrstuhls für alttestamentl. Bibelstud. 1856–65 war er Katechet, 1866–75 Prof. der Religionslehre an der Prager dt. Handelsschule bzw. Handelsakad. Ab 1855 im Orden mit verschiedenen Aufgaben betraut, wurde S. 1866 Sekretär des Generalgroßmeisters Johann Nep. Jestřábek. In dieser Eigenschaft war S. prakt. Leiter des Ordens und initiierte u. a. eine Intervention des Prager Erzbischofs, Friedrich Fürst zu Schwarzenberg, beim Hl. Stuhl wegen des Kanonisierungsprozesses der Ordensgründerin, Agnes von Böhmen, die 1874 zu deren Seligsprechung führte. 1871 auch Rent-, 1874 Novizenmeister, 1877 Subprior und Ordenskonsultor, wurde er 1879 zum Generalgroßmeister des Ordens gewählt und besorgte die Revision der alten Ordensstatuten. Wegen seiner Beherrschung beider Landessprachen und seiner gemäßigten Einstellung in kirchenpolit. und nationalen Angelegenheiten vom böhm. Statthalter, Alfred Frh. v. Kraus (s. d.), zweimal als Kandidat vorgeschlagen, wurde S. 1882 vom K. zum Bischof von Leitmeritz ernannt und im selben Jahr konsekriert. Unter seinem Episkopat wurde die Diözese ein Schwerpunkt des kath. Verbandswesens, von Warnsdorf (Varnsdorf) aus wirkte A. Opitz (s. d.) bahnbrechend für das kath. Pressewesen und den christl.-sozialen Gedanken in die gesamte Donaumonarchie. S. mißbilligte jedoch, beraten von seinem Seminarrektor Kordač (s. d.), die dt.nationale Richtung von Opitz. Der drast. Rückgang der Zahl der dt. Priester in seiner Diözese bewog S., Kandidaten aus Deutschland heranzuziehen. Der wenig kämpfer. und betagte Bischof schien der in der Diözese Leitmeritz erfolgreichen Los-von-Rom-Bewegung nicht gewachsen zu sein, weshalb die Wr. Regierung nach 1900 darauf drang, die Visitationen im national aufgewühlten Tl. der Diözese durch den dt. Prager Weihbischof W. A. Frind (s. d.) vornehmen zu lassen. S. war u. a. Päpstl. Thronass., Röm. Gf. und erhielt 1907 das Großkreuz des Franz Joseph-Ordens.

W.: Lehrbuch der christ-kath. Religion für die reifere Jugend, 3 Bde., 1861–63; Hirtenbriefe.
L.: N. Fr. Pr., Bohemia, Prager Tagbl. und Prager Abendbl., 29., Das Vaterland, 30. 11., Leitmeritzer Wochenbl., 1. und 4., Elbepost, 4. 12. 1909 (mit Bild); F. J. Endler, Das Soziale Wirken der kath. Kirche in der Diözese Leitmeritz … (= Das Soziale Wirken der kath. Kirche in Österr. 11), 1903, s. Reg.; Illustriertes Österr.-Ung. Ehren-Buch. Almanach der Mitgl. des K.-Österr. Franz Joseph-Ordens, (1909) (mit Bild); Konferenzbl. Organ … des Verbandes der dt. kath. Geistlichkeit Böhmens … 15, 1910, S. 1f. (mit Bild); A. Kindermann, Das landesfürstl. Ernennungsrecht, 1933, s. Reg.; 900 let litoměřické kapituly, 1959, S. 66; W. Lorenz, Die Kreuzherren mit dem roten Stern (= Veröff. des Königsteiner Inst. für Kirchen- und Geistesgeschichte der Sudetenländer e. V. 2), 1964, s. Reg.; A. K. Huber, in: Archiv für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien 1, 1967, S. 94f.; E. Saurer, Die polit. Aspekte der österr. Bischofsernennungen 1867–1903 (= Forschungen zur Kirchengeschichte Österr. 6), (1968), s. Reg.; B. Schmid-Egger, Klerus und Politik in Böhmen um 1900 (= Wiss. Materialien und Beitrr. zur Geschichte und Landeskde. der böhm. Länder 21), 1974, S. 41, 49.
(A. K. Huber)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 4f.
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