Schönaich (Schöneich), Franz Xav. (Vinzenz Karl) Frh. von (1844-1916), Feldzeugmeister und Minister

Schönaich (Schöneich) Franz Xav. (Vinzenz Karl) Frh. von, General und Minister. Geb. Wien, 27. 2. 1844; gest. ebenda, 26. 1. 1916. Sohn des Franz Xav. (Johann Nep. Vinzenz Joseph) S. (geb. Kiowitz, österr. Schlesien / Kyjovice, Tschechien, 2. 12. 1790; gest. Strelzhof/Willendorf, NÖ, 19. 7. 1848), der 1813 in den Staatsdienst trat, 1836 zur vereinigten Hofkanzlei kam, dort zum Reg.Rat avancierte und dann als HR und Generalien-Referent bei der Stud.Hofkomm., zuletzt als Rat im Min. des öff. Unterrichts diente. 1845 wurde er in Würdigung seiner Verdienste um die Edition mähr. Urkunden und Briefe zum Ehrenmitgl. der Accad. Patavina in Padua ernannt; Bruder des Folgenden. Nach dem frühen Tod seines Vaters im Hause seines Stiefvaters, des bekannten Mediziners und Leibarztes Erzhg. Albrechts (s. d.), Josef Standthartner, erzogen, lernte S. dort zahlreiche Repräsentanten des Kultur-, speziell des Musiklebens kennen, so u. a. A. Bruckner (s. d.) und Richard Wagner. Zu letzterem unterhielt er bis zu dessen Tod die Beziehungen aufrecht. Zehnjährig kam er an die Kadettenschule Hainburg, 1858 an die Theresian. Militärakad. in Wr. Neustadt und wurde 1862 als Lt. zum Feldjägerbaon. 11 ausgemustert, 1866 Oblt., 1870 Hptm., 1876 Mjr., 1882 Obstlt., 1885 Obst., 1891 GM, 1895 FML, 1899 Gen. der Inf., 1904 FZM, und trat 1911 i. R. S. nahm 1864 während des Feldzuges gegen Dänemark u. a. an der Beschießung von Fredericia teil, frequentierte – 1866 unterbrochen durch Kriegseinsatz u. a. in der Schlacht bei Königgrätz (Hradec Králové) – 1865–67 die Kriegsschule in Wien, fand 1868 Aufnahme in den Gen.Stab und zeichnete sich 1878 bei der Mobilmachung aus. Nach vielfältiger Verwendung als Div.- und Korpsgen.Stabschef 1887–95 dem Gen.Truppeninsp., FM Erzhg. Albrecht, zur persönl. Dienstleistung zugeteilt, wirkte S. ab 1895 als Div.Kmdt. und ab 1899 als Sektionschef und Stellv. des Ministers im Reichskriegsmin. Ab 1902 kommandierte er das 9. Korps in Josefstadt (Jaroměř-Josefov) und wurde 1905 zum Minister für Landesverteidigung der cisleithan. Reichshälfte berufen. Er leitete die ersten Planungen zur Einführung der Art. bei der Landwehr, übernahm aber schon im folgenden Jahr als Minister das Reichskriegsmin. Unter seiner Führung erfuhr die Gebirgs- und Festungsart. eine tiefgreifende Umgestaltung und das veraltete Verpflegssystem durch Einführung von Kochkisten sowie Feldküchen eine grundlegende Modernisierung. Daneben war er um soziale Reformen bemüht, und so konnten Gesetze bezügl. der Versorgung von Militär-Witwen und Waisen sowie von Reservisten und deren Angehörigen in Kraft treten. In seine Amtszeit fiel aber auch die schwere, v. a. durch die Armeeforderungen der Unabhängigkeitspartei in Ungarn angefachte Verfassungskrise. In langwierigen Verhh., bes. ab 1907, trug er durch verschiedene Konzessionen zur Lösung des Konfliktes bei, zog sich dadurch aber die Abneigung des Erzhg. Thronfolgers Franz Ferdinand (s. d.) zu sowie Angriffe seitens der Presse, die z. Tl. von der Militärkanzlei des Thronfolgers inspiriert worden waren und schließl. 1911 seine Abdankung herbeiführten. I. R. lebte er zurückgezogen, widmete sich nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs aber intensiv sozialen Aufgaben, v. a. dem 1914 von ihm gegründeten Militär-Witwen- und Waisenfonds, dem er bis zu seinem Tod vorstand und eine ansehnl. Basis schaffen konnte. 1908 heiratete er Mathilde Ludovika Karoline, die Witwe des ihm befreundeten Vizepräs. der Allg. Depositenbank, Albrecht Hiller, und adoptierte deren Söhne, auf die sein Adelsstand überging. In zahlreichen Ehrungen fand er Anerkennung, wurde u. a. 1902 Geh. Rat, 1903 Inhaber des IR 74, 1908 Frh. und erhielt 1910 das Großkreuz des Ung. St. Stephan-Ordens. S. gehört zu den bedeutendsten Reformern der österr.- ung. Armee, konnte die Militärstrafprozeßordnung vollenden, die allg. Wehrgesetze jedoch nur vorbereiten. Im Parlament trat er als fesselnder Redner auf. Militär. von der Persönlichkeit Erzhg. Albrechts geprägt, hatte er lange Zeit das volle Vertrauen des Monarchen.

W.: Lehr- und Hdb. für den Unterricht im Recognosciren, 1875; usw.
L.: Reichswehr, 12. 4. 1899 und 21. 12. 1902; N. Fr. Pr., 10. 3. 1905, 25. 10. 1906, 8. 6. 1910, 9. und 13. 8. (auch Abendausg.), 20. 9. 1911, 27. 2. 1914 und 29. 1. 1916; Fremden-Bl., 26. 2. 1914 und 29. 1. 1916; Wr. Ztg., 29. 2. 1914 (Abendausg.) und 29. 1. 1916; RP und Arbeiter-Ztg., 29. 1. 1916; Czedik 3, S. 39ff.; Duschnitz–Hoffmann, Reichskriegsmin., S. 1, 4f. (mit Bild); Svoboda 2, S. 430, 3, S. 32; Militär-Kameradschaftsbl., 1. 5. 1899; Streffleur, 1905, Bd. 1, S. 447f. (mit Bild); Danzer’s Armeeztg., 21., Vedette, 23. 9. 1911; Militär-Ztg. 66, 1911, S. 233f.; Militär. Rundschau, 28. 2., Armeebl., 5. 3. 1914; O. Knauer, Österr. Männer des öff. Lebens von 1848 bis heute, 1960; W. Hetzer, F. v. S., Reichskriegsminister von 1906 bis 1911, phil. Diss. Wien, 1968 (mit Bild); W. Hetzer, in:Österr. in Geschichte und Literatur 16, 1972, S. 353ff. (mit Bild); AVA, KA, beide Wien. – Franz S.: A. Maggiolo, I soci dell’Accad. Patavina …, 1983, S. 300; AVA, Finanz- und Hofkammerarchiv, beide Wien.
(P. Broucek)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 41f.
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