Schönborn, Adalbert Josef Gf. (1854-1924), Jurist und Politiker

Schönborn Adalbert Josef Gf., Jurist und Politiker. Geb. Dlaschkowitz, Böhmen (Dlažkovice, Tschechien), 2. 7. 1854; gest. Haid, Böhmen (Bor, Tschechien), 11. 10. 1924. Bruder der drei Folgenden, Onkel des Johann Gf. S. (s. u. Karl Gf. S.). Nach dem Stud. der Rechtswiss. an der Univ. Prag, 1875–78, stand S. ab 1879 im Gerichtsdienst, zunächst als Bez.Gerichtsadjunkt in Turnau (Turnov), ab 1898 als Gerichtssekretär, LGR (ab 1904), OLGR (ab 1911) am Landesgericht in Prag und wurde 1918 schließl. zum HR mit dem Titel und Charakter eines Senatspräs. am Prager Oberlandesgericht befördert. 1886 wurde er zum k. k. Kämmerer ernannt. 1885–1913 Abg. des Großgrundbesitzes im böhm. Landtag, engagierte er sich bes. in Schulfragen. Ab 1887 Landesausschußbeisitzer und bis 1895 Stellv. des Oberstlandmarschalls im Landesausschuß. Er vertrat den böhm. Landesausschuß u. a. ab 1892 in der dt. Sektion des böhm. Landeskulturrates, 1899–1912 im Ind.- und Landwirtschaftsrat in Wien, in der Landeskomm. für Flußregulierung und 1901–12 in den Kuratorien der Landwirtschaftsakad. in Tetschen-Liebwerd (Děčín-Libverda) und Tabor (Tábor). 1885–87 gehörte er als Vertreter des feudalen Großgrundbesitzes dem Reichsrat an; 1908 Geh. Rat. 1912 war er maßgebend an den dt.-tschech. Ausgleichsverhh. der nationalpolit. Landtagskomm. beteiligt. Seit 1912 Mitgl. der Komm. zur Förderung der Verwaltungsreform, setzte er sich für eine Stärkung der Territorialautonomie und eine von parteipolit. Einflüssen freie Selbstverwaltung ein. 1913 wurde S. Vizepräs. des Reichsgerichts; im selben Jahr wurde er nach der Auflösung des böhm. Landtags und des Landesausschusses zum Präs. der Landesverwaltungskomm. für das Kg.Reich Böhmen ernannt. 1917 gleich seinen Brüdern Mitgl. des Herrenhauses. Im Oktober 1918 wurde er kurzfristig mit der Weiterführung der autonomen Landesverwaltung Böhmens im Namen des Prager Nationalausschusses betraut. Nach dem Ende seiner polit. Tätigkeit konzentrierte sich S.s Engagement auf den Vorsitz verschiedener Ver., wie z. B. des Dombauver. in Prag, der St. Michaelsbruderschaft oder des Asylver. für Obdachlose in Prag.

L.: Wr. Ztg., 22. 5. 1917; Dt. Ztg. Bohemia, 15. und 25. 10. 1918; RP, 10. und 12. 10. 1924; Otto, Erg.Bd. V/2; M. Navrátil, Nový český sněm (1901–07), 1902, S. 310f. (s. S.-Buchheim-Wolfsthal); G. Kolmer, Parlament und Verfassung in Oesterr. 5, 1909, S. 425f., 6, 1910, S. 135, 8, 1914, S. 66; R. Schránil – J. Husák, Der Landtag des Kg.Reiches Böhmen 1861–1911, 1911, s. Reg.; M. Navrátil, Almanach československých právníků, 1930; HHStA, Wien; UA Praha, Tschechien.
(He. Slapnicka)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 56
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