Schönfeld, Johann (Nep.) Ferdinand von (1750-1821), Unternehmer, Kunstsammler und Schriftsteller

Schönfeld Johann (Nep.) Ferdinand von, Unternehmer, Kunstsammler und Schriftsteller. Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 20. 7. 1750; gest. Wien, 15. 10. 1821. Sohn des Prager Buchdruckers Anton Johann (Hanns) S., Vater des Vorigen, Großvater des Anton Frh. v. S. (s. d.) und des Wenzel v. S. (s. u. Anton Frh. v. S.). Nach Absolv. einer Buchdrucker- und Buchhändlerlehre gründete S., vermutl. mit der Mitgift seiner Ehefrau Johanna, geb. Löhnert (Lehnert), der Tochter eines Prager Glockengießers, in der zweiten Hälfte der 1770er Jahre in Prag eine eigene Offizin und Buchhandlung. Das Unternehmen, das sich zunächst offenbar auf den Nachdruck billiger populärer Massenlektüre religiösen, belehrenden und unterhaltenden Inhalts konzentrierte, aber auch eine Reihe von meist kurzlebigen Z., darunter die erste jüd. Z. Prags (1775), hrsg., expandierte rasch (es soll 1787 mit 17 Pressen das größte derartige Etablissement in Prag gewesen sein), was zu scharfen Polemiken der Konkurrenten gegen S. führte. Ab 1781 verlegte S. die Prager „Oberpostamts-Zeitung“ (die spätere „Prager Zeitung“), 1794 auch das „Prager Intelligenzblatt“ (1800 wurden die beiden Bll. vereinigt), ab 1783 besaß er ein Exklusivrecht zur Herstellung von Gubernialdrucksachen. Zweigniederlassungen in Wien, 1782 – sein Buchdruckerprivileg wurde nach der Niederlegung durch S. 1811 von den bisherigen Faktoren, den Brüdern Franz und Felix Stöckholzer v. Hirschfeld, übernommen –, und Karlsbad (Karlovy Vary), 1788, folgten. Neben Häusern in der Prager Altstadt erwarb S. Mitte der 80er Jahre ein Gut in Prag-Karolinenthal (Karlín), wo er neben anderen industriellen Unternehmungen eine Papiermanufaktur, angebl. die bedeutendste in Böhmen, sowie einen Vergnügungspark anlegte. 1790 suchte er erfolgreich um den Titel eines Hofbuchdruckers an, 1795 für die Wr. Niederlassung um die Konzession zum Verkauf von Papieren aller Art. Diese Phase rascher geschäftl. Expansion wurde begleitet von den intensiven Bemühungen S.s um Festigung der gesellschaftl. Stellung seiner Familie, die 1787 zur Intimation des angebl. an seine Vorfahren 1594 verliehenen Adelsstandes führte (1814 folgte die Anerkennung seines Adels auch im österr. Kaisertum, 1816 das Inkolat im Ritterstand Böhmens). Im Zusammenhang mit diesen Bemühungen dürfte auch der Erwerb des landtäfl. Gutes Trnová (Böhmen) 1789 zu sehen sein, wo S. 1791 eine „Bauernschule“ einrichtete, ebenso wie der Ankauf größerer Tle. der ehemaligen Smlgg. Rudolfs II. 1790, die den Grundstock zu der später als S.sches „Technologisches Museum“ bekannten Smlg. von Kuriosa, kunsthandwerkl. und Kunstgegenständen bildete. Um 1799 übersiedelte S. mit einem großen Tl. der Smlg. nach Wien, wo er sie in seiner Wohnung einem interessierten Publikum öff. zugängl. machte. Einen selbständigen Tl. bildete ein „Adelsarchiv“, eine Kollektion genealog.-hist. Urkunden, die nach S.s Tod von seinem Sohn Ignaz übernommen wurde. 1805 erwarb S. eine Sommervilla in Baden, wo er auf eigene Kosten die Ruine Rauhenstein als Ausflugsziel herrichten und Spazierwege anlegen ließ. Geschäftl. scheint S. nach 1800 seine Tätigkeit stärker auf Ind.- und Handelsunternehmungen verlegt zu haben: So errichtete er neben der Druckerei (die, in den 1816 in Prag erworbenen Annenhof, ein aufgelassenes Kloster, verlegt, nach 1821 von seinem Sohn Jakob weitergeführt und 1835 an die Fa. Gottlieb Haase und Söhne verkauft wurde), in Prag 1814 eine Leihbücherei, um 1816 betrieb er in Franzensthal bei Ebergassing (NÖ) eine Papierfabrik. Insgesamt jedoch dürfte S. nach dem Ende der Napoleon. Kriege mit seinen verzweigten Unternehmungen in Schwierigkeiten geraten sein, wofür auch der Verkauf der Prager Stadthäuser und des Besitzes in Karolinenthal sowie die Konzentration auf den Annenhof spricht. Neben seinem ausgebreiteten unternehmer. Wirken verf. S. gelegentl. auch populäre landwirtschaftl. und gewerbepolit. Schriften. Das, wie anzunehmen ist, von ihm stammende „Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag“, 1796 (Nachdruck, hrsg. von O. Biba, 1976), ist als Schlüsselwerk für die Musikszene bei der Städte anzusehen.

W.: Nachricht von einer neuen Buchdruckerei …, 1782; Die Ind. an Ungarns Edle, 1802, ung. 1811; Die alte Hilfe der Böhmen und Mährer …, 1808; Skizze des Cat. raisonné über das Technolog. Mus. in Wien, 1817, französ. 1817; Klass. Eintheilung des Mus. der prakt. Technik …, 1821; usw.
L.: Goedeke, s. Reg.; Graeffer–Czikann; Masaryk; Wurzbach; A. Mayer, Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882, 2, 1887, s. Reg.; H. Rollett, Neue Beitrr. zur Chronik der Stadt Baden 12, 1899, S. 96f.; A. G. Przedak, Geschichte des dt. Z.Wesens in Böhmen, 1904, s. Reg.; E. Leisching, in: Kunst und Kunsthandwerk 24, 1921, S. 73ff. (mit Bild); M. Egger, Die Familie S. und ihre kulturelle Bedeutung für Wien, phil. Diss. Wien, 1951 (mit Bild); G. Otruba – R. Kropf, in: Bohemia 12, 1971, S. 169, 172; A. Durstmüller d. J., 500 Jahre Druck in Österr. 1, (1981), S. 255; R. Cuvay, in: Wr. Geschichtsbll. 38, 1983, S. 120ff.; F. Slezak, ebenda, 39, 1984, S. 132; H. Schwarz, Die Anfänge der Lithographie in Österr., bearb. von E. Herrmann-Fichtenau (= Veröff. der Albertina 20), 1988, S. 28f.; AVA, WStLA, beide Wien.
(J. Mikoletzky)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 74f.
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