Schönherr, Gyula (Julius); Ps. Décsenyi, Schönherr-Décsenyi (1864-1908), Historiker

Schönherr Gyula (Julius), Ps. Décsenyi, S.-Décsenyi, Historiker. Geb. Neustadt/Nagybánya, Ungarn (Baia Mare, Rumänien), 6. 9. 1864; gest. ebenda, 24. (26.) 3. 1908. Sohn des Stadthptm. von Neustadt. Begann Theol. zu stud., wechselte aber bald zur jurid. Fak. der Univ. Budapest über, wo er zum Dr. rer. pol. prom. wurde. 1886/87 vertiefte er seine hist.-diplomat. Kenntnisse am Inst. für österr. Geschichtsforschung in Wien, speziell bei Theodor v. Sickel. 1889 trat er als Praktikant in den Dienst des Ung. Nationalmus. in Budapest und avancierte dort 1893 zum Ass., 1894 zum Hilfskustos, 1901 zum Kustos, 1902 zum Dirigierenden Kustos und habil. sich in diesem Jahr an der Univ. Budapest für Geschichte Ungarns im 14. und 15. Jh. Schon 1906 trat er jedoch wegen eines Nervenleidens i. R. und kehrte in seine Vaterstadt zurück. S. fand in Bibl. sowie Archiv des Mus. Verwendung und befaßte sich wiss. vorerst mit der neueren Geschichte Ungarns, wandte sich dann dem Spätmittelalter sowie den hist. Hilfwiss., insbes. der Heraldik und Geneal., zu, beschäftigte sich aber auch mit Editionen. Seinen wiss. Ruf begründete er v. a. durch die auf Forschungen im Vatikan. Archiv basierende Ausg. der Korrespondenz Kg. Mathias Corvinus sowie die preisgekrönte Monographie über den Sohn dieses Herrschers. Auch später in Rom mit Archiv- und Bibl.Stud. befaßt, entdeckte er in der Bibl. Casanatensis einige der Bibl. Corviniana entstammende Stücke. Durch mehrere Abhh. bereicherte er die Stadtgeschichtsforschung, konnte jedoch die ihm übertragene Ausarbeitung der Geschichte seiner Heimatstadt, der er einige Artikel gewidmet hatte, nicht mehr vollenden. Durch seine vielseitige Tätigkeit fand er mehrfach Anerkennung. So versah er während seiner letzten Dienstjahre die Funktion eines Vortragenden Sekretärs des Oberinspektorats für Mus. und Bibl. Ungarns und wurde 1892 zum Schriftführer, 1898 zum Sekretär der Ung. Ges. für Heraldik und Geneal. sowie 1896 zum korr. Mitgl. der Ung. Akad. der Wiss. gewählt. S., sowohl allg. als Historiker wie als Heraldiker und Sphragist hochangesehen, machte sich auch um Schaffung und Organisation neuer Mus. und Bibl. in Ungarn verdient.

W.: A Bécsi udvari kamara levéltárának magyar vonatkozású oklevelei (Ungarn betreffende Urkunden des Wr. Hofkammerarchivs), in: Történelmi Tár, 1887, auch selbständig; Hunyadi Corvin János (Johann Hunyadi Corvinus) 1483–1504 (= Magyar Történeti Életrajzok 10), 1894; Az Anjou ház és örökösei (Das Haus Anjou und seine Erben) (1301–1439) (= A Magyar Nemzet Története 3, hrsg. von S. Szilágyi), 1895; Nápolyi László trónkövetelésének külföldi vonatkozásai (Ausländ. Relationen über die Thronbewerbungen des Ladislaus v. Neapel) (= Értekezések a Történeti Tudomanyok Köréből 17/4), 1898; zahlreiche Abhh. in Fachz., v. a. in Századok, Turul und Magyar Kőnyvszemle; usw. Hrsg.: Mathiae Corvini Hungariae regis epistolae ad Romanos Pontifices datae et ab eis acceptae (= Monumenta Vaticana historiam regni Hungariae illustrantia, Ser. 1, 6), 1891; Magyar Történeti Életrajzok 16–19, 1900–03; usw. Red.: Magyar Könyv-Szemle, NF 1ff., 1893ff.; Turul, gem. mit L. Fejérpataky, 15ff., 1897ff.; usw.
L.: Pester Lloyd, 26. 3. 1908; Das geistige Ungarn; Lhotsky, Inst., S. 192; M. Életr. Lex.; Révai; Santifaller, n. 124; Szinnyei; L. Fejérpataky, in: Akad. Értesítő 19, 1908, S. 223; Századok 42, 1908, S. 356f.; F. Kollányi, in: Magyar Könyvszemle, NF 16, 1908, S. 185ff.; Turul 26, 1908, S. 33f.; A. Áldásy, in: MIÖG 30, 1909, S. 216ff.; Gy. Morvay, S. Gy. élete és müvei, 1910.
(J. Kalmár)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 83f.
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