Schönhof, Egon (1880-1942), Rechtsanwalt

Schönhof Egon, Rechtsanwalt. Geb. Wien, 9. 4. 1880; gest. Auschwitz (Oświęcim, Polen), 19. (?) 10. 1942 (ermordet). Sohn von Friedrich S. (geb. Děditz, Mähren/Vyškov, Tschechien, 31. 7. 1845; gest. Wien, 26. 12. 1922), der nach Stud. an der Univ. Wien (Dr. jur. 1867) ab 1875 in Wien eine Rechtsanwaltskanzlei führte; mos., ab 1900 röm.-kath. S. absolv. das Akadem. Gymn. und stud. 1898–1903 (mit Unterbrechung durch Ableistung des Einjährig-Freiwilligenjahres 1901/02; 1903 Lt. der Res.) an der Univ. Wien Jus, 1904 Dr. jur., 1906 Advokaturskonzipient. Nach Praxis in verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien eröffnete er 1911 seine eigene in Wien III., wurde jedoch zu Beginn des Ersten Weltkriegs als Reserveoff. eingezogen. 1914 Oblt., geriet er im Mai 1915 in russ. Gefangenschaft. Nach Aufenthalt in mehreren Lagern (zuletzt im Lager Kansk-Jeniseiski in Sibirien) kehrte er 1920 als überzeugter Kommunist nach Wien zurück, wo er seine Anwaltstätigkeit bald wieder aufnahm. S., der vor Gericht selbst seine Gegner rhetor. und argumentativ beeindrucken konnte, wurde v. a. als Verteidiger in Strafprozessen mit polit. Hintergrund bekannt. Er vertrat vorwiegend Kommunisten – so galt er als einer der Anwälte der Kommunist. Partei Österr. (KPÖ) –, u. a. zwei kommunist. Heeresangehörige, die gegen die militär. Führung agitiert hatten, 1925, sowie die Mitgl. des Zentralkomitees Johann Koplenig, 1927, und Franz Ziegler, 1928. Auch bei einem Prozeß in Bukarest 1925 gegen rumän. Kommunisten war er als Verteidiger vorgesehen; dies wurde allerdings behördlich untersagt und S. aus Rumänien abgeschoben. Auch über seine Anwaltstätigkeit hinaus engagierte sich S. stark für und in der kommunist. Bewegung, u. a. in der Leitung des Ver. „Österr. Arbeiterhilfe“, als Obmann des Ver. „Marxistische Abendschule“ sowie als Gründer und Hauptexponent des „Bundes der Freunde der Sowjetunion“, v. a. aber als Mitbegründer und Leitungsmitgl. der „Österreichischen Roten Hilfe“. In deren Rahmen beteiligte er sich auch an der Ausarbeitung des „Rotbuchs gegen Schobers Weißbuch“, 1927, das die Ereignisse des 15. Juli 1927 aus der Sicht der KPÖ darstellt. 1927 und 1930 wurde er von der KPÖ als Kandidat für den Nationalrat aufgestellt. Obwohl in die Februarereignisse 1934 nicht involviert, wurde S. zunächst in Polizeihaft genommen und zwei Monate später ins Anhaltelager Wöllersdorf überstellt, aus dem er erst Ende 1934 entlassen wurde. Sofort nach dem „Anschluß“ 1938 wurde er von den Nationalsozialisten verhaftet, im Juni in das KZ Dachau deportiert, im September des gleichen Jahres in das KZ Buchenwald und am 17. Oktober 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz überstellt, wo er kurz nach seiner Ankunft ermordet wurde.

W.: Wie benimmt sich der Proletarier vor Strafgericht und Polizei?, o. J. (ähnl. auch unter dem Titel „Wie benimmt sich der Proletarier vor Gericht?“ als Anhang in: Österr. Rote Hilfe, o. J.); usw. – Friedrich S.: Die Frage der Haftung der Gmd. für den durch eine Amtshandlung oder Anordnung ihres Vorstehers einem Dritten zugefügten Schaden, in: Allg. österr. Gerichts-Ztg. 32, 1881, n. 29; usw.
L.: N. Fr. Pr., 15. 3. 1922; NWT, 8. und 15., Die Rote Fahne, 1., 2., 7., 8., 13., 15., 16., 17. (mit Bild) 5. 1925; Der Abend, 19. 9. 1928; Volksstimme, 18. und 25. 10. 1952, 21. 10. 1962, 24. 10. 1972; Jb. der Wr. Ges., 1929; E. Broda, in: Aus der Vergangenheit der KPÖ, 1961, S. 37ff.; H. Langbein, … wir haben es getan, 1964, S. 35f.; E. Zucker-Schilling, in: Weg und Ziel 30, 1973, S. 160ff.; E. Fein – K. Flanner, Rot-Weiß-Rot in Buchenwald, 1987, s. Reg.; M. Stern, Geschichte wird gemacht (= Biograf. Texte zur Geschichte der österr. Arbeiterbewegung 2), 1988, S. 53; Die Kommunist. Partei Österr., 2. Aufl. (1989), S. 256; AdR, DÖW, KA, Rechtsanwaltskammer Wien, Tagbl.Archiv, UA, alle Wien; KZ Gedenkstätte Dachau, Dachau, Deutschland; Mitt. Willi Weinert, Wien. – Friedrich S.: UA, WStLA, beide Wien.
(E. Lebensaft – Ch. Mentschl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 86f.
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