Schoepfer (Schöpfer) Aemilian, Politiker und Theologe. Geb. Brixen, Tirol (Bressanone/Brixen, Italien), 29. 4. 1858; gest. Innsbruck (Tirol), 24. 3. 1936. Sohn eines Oberfinanzkoär. Früh verwaist, konnte S. durch die Vermittlung des späteren Fürstbischofs Aichner (s. d.) die Mittelschule am „Kassianeum“ in Brixen absolv. Nach Beendigung der vier theolog. Kurse am Brixener Priesterseminar (1879) wurde er 1880 zum Priester geweiht und stud. 1879–83 als Zögling des Frintaneums Theol. in Wien; 1883 Dr. theol. Danach kehrte S. nach Brixen zurück, wo er kurze Zeit Hofkaplan war, ehe er 1885 als Kooperator nach Virgen (Tirol) versetzt wurde. 1886 Supplent, 1887 Prof. für Bibelwiss. am Diözesanseminar in Brixen, begründete er mit seinem nicht unumstrittenen Lehrbuch „Geschichte des Alten Testamentes“ (1893, 6. Aufl. 1923) eine neue Schule der Exegese. S. entwickelte bald ein ausgeprägtes soziales und polit. Interesse und beteiligte sich an der Revitalisierung des polit. Lebens in Brixen, indem er u. a. den Vorsitz des 1888 gegründeten Kath.-polit. Kasinos für Brixen und Umgebung übernahm. Im selben Jahr gründete er als Obmann dieses Ver. die erste christl.-soziale Ztg. Tirols, die „Brixener Chronik“, für die er in der Folge selbst zahlreiche Leitartikel verf. Er wurde dabei stark von den Ideen F. M. Schindlers (s. d.) beeinflußt, dessen Bekanntschaft er während seines Stud.Aufenthaltes in Wien gemacht hatte. Um die Finanzierung dieses Lokalbl. sicherzustellen, rief S. 1890 den Kath.-polit. Preßver. samt eigener Druckerei in Brixen ins Leben, der ab 1892 auch den von ihm gegründeten „Tiroler Volksboten“ herausgab. Die intensive Pressearbeit hatte S. zunehmend auf das Feld der Tagespolitik gebracht. Unter seiner Führung sammelten sich junge Geistliche, die sich gegen die absolute Autorität der Fürstbischöfe in polit. Fragen sowie gegen den allzu rigorosen Führungsanspruch der Kath.-konservativen Partei auflehnten, deren geringes nationales und sozialpolit. Engagement kritisierten und eine Anlehnung an die in Wien und NÖ entstandene christl.-soziale Bewegung suchten. 1895 wurde S. als Vertreter der sog. „Schärferen Tonart“ innerhalb der Konservativen Partei Tirols in den Tiroler Landtag gewählt. Als Reichsratsabg. (ab 1897) der Kath. Volkspartei J. v. Dipaulis (s. d.) trat er aus dieser im Zuge des Streits um die Badenischen Sprachenverordnungen aus und initiierte 1898 die Gründung der Christl.-sozialen Partei Tirols, was zu einem lange andauernden, oft gehässig geführten Streit mit den Konservativen führte, der erst 1918 mit der Fusionierung bei der Gruppierungen zur Tiroler Volkspartei beigelegt wurde. Als engagierter Vertreter bäuerl. Interessen war S. auch an der Gründung des Tiroler Bauernbundes (1904) mitbeteiligt. Bes. Verdienste erwarb er sich um das kath. Pressewesen: Nach seinen erfolgreichen Aktivitäten in Brixen gründete er 1900 den Bozener Preßver. Tyrolia samt Buchhandlung, Druckerei und der Ztg. „Der Tiroler“, ein Jahr später die „Tiroler Post“ in Innsbruck (1907 zur Tagesztg. „Allgemeiner Tiroler Anzeiger“ ausgestaltet) sowie 1902 die „Tiroler Bauern-Zeitung“. Diese Entwicklung fand ihren Höhepunkt, als S. 1907 den Zusammenschluß der beiden Preßver. und des Innsbrucker Unternehmens zur Verlagsanstalt Tyrolia GesmbH mit Sitz in Brixen initiierte, deren Präs. er bis zu seinem Tod blieb. S., der 1908–10 auch die Funktion eines Tiroler Landesausschusses bekleidete, wurde 1916 nach dem Tod von Landeshptm. Kathrein (s. d.) zwar zum interimist. Landesausschuß-Leiter bestellt, doch im folgenden Jahr wurde nicht er, sondern sein parteiinterner Rivale Josef Schraffl zum Landeshptm. ernannt. Die dafür angebotene Leitung des Bistums Trient lehnte S. ab. 1914 zum päpstl. Hausprälaten und 1917 zum HR ernannt, blieb er bis 1918 Landtags- und Reichsratsabg., 1918/19 gehörte er dem dt.österr. Staatsrat an und war bis 1927 Nationalratsabg. Nach 1918 behielt er weiterhin eine wichtige Stellung innerhalb der Christl.-sozialen Partei als Theoretiker und trat als Verfechter der monarchist. Staatsidee und Gegner des Anschlußgedankens hervor. Nach seinem Rückzug aus dem parlamentar. Leben blieb S. weiterhin publizist. tätig und verf. zahlreiche Beitrr. bes. für die von ihm 1918 mitbegründete Ws. „Das Neue Reich“ (ursprüngl. „Die Monarchie“, ab 1932 in der Z. „Die schönere Zukunft“ aufgegangen), die er ab 1925 auch mithrsg. Seine letzten Lebensjahre waren von schweren Krankheiten überschattet.