Schorn, Johann (1845-1914), Politiker und Beamter

Schorn Johann, Politiker und Beamter. Geb. Bozen, Tirol (Bolzano/Bozen, Italien), 18. 2. 1845; gest. Innsbruck (Tirol), 23. 7. 1914. Sohn eines Kreisgerichtsamtsdieners, Halbbruder des Folgenden. Nach dem Besuch des Gymn. in Bozen und Absolv. der Matura 1866 stud. S. Jus an der Univ. Innsbruck (bis 1869) und in Wien (1869/70), wobei er seinen Unterhalt u. a. als Orchestermitgl. des Carltheaters in Wien finanzierte. 1874 Dr. jur. der Univ. Innsbruck. S. begann seine Laufbahn 1871 als Konzipient der Tiroler Finanzprokuratur, diente ab 1875 bei der Grundlasten-Ablösungs- und Regulierungslokalkomm. in Landeck, der er ab 1876 vorstand, leitete dies. Komm. 1877–82 als Statthaltereikonzipist in Reutte, ehe er 1882 als Bez.Koär. nach Lienz übersiedelte, wo er 1888 zum Statthaltereisekretär ernannt wurde. 1885–89 war er konservativer Abg. im Tiroler Landtag. Nach Auflösung der Grundlastenablösungskanzlei in Lienz trat er 1890 die Stelle als Bez.Hptm. in Cavalese an, wurde jedoch schon im selben Jahr in gleicher Funktion nach Bludenz versetzt. Mit seiner Wahl in den Reichsrat, 1891, erhielt er den Status eines Beamten ohne Verwendung bei der Statthalterei in Innsbruck; 1892 Statthaltereirat. Im Abg.Haus des Reichsrats schloß sich S. zunächst dem kath.-konservativen Hohenwartklub an, trat aus diesem aber um die Jahreswende 1895/96 aus und in die von Dipauli (s. d.) gegründete konservative, dt.betonte Kath. Volkspartei ein. 1894 gehörte er der Reichsratsbudgetdelegation an. 1895 erneut Mitgl. des Tiroler Landtags, war er wie sein Freund Ae. Schoepfer (s. d.) Vertreter der „Schärferen Tonart“ innerhalb der kath.-konservativen Gruppierung. Ab 1896 war S., der wegen seiner polit. Tätigkeit dauernden Anfeindungen seiner Vorgesetzten ausgesetzt war und daher in diesem Jahr als Beamter i. R. trat, Mitgl. des Tiroler Landesausschusses. 1898 beteiligte er sich an der Gründung der Christlichsozialen Partei Tirols und wurde deren erster Obmann (bis 1908). Zusammen mit Schoepfer und dem von ihm bes. geförderten Schraffl (s. d.) hatte er entscheidenden Einfluß auf den Aufstieg der Christlichsozialen zur Mehrheitspartei bei den Tiroler Landtagswahlen von 1908. Als Tiroler Landesausschuß hatte S. das Gmd.-, das Gewerbe-, Straßen- und Wasserbaureferat und ab 1908 das Finanzreferat inne. Er erkannte frühzeitig die Bedeutung des Fremdenverkehrs für Tirol, setzte sich im Zusammenhang damit für zahlreiche Bahn- und Straßenbauten ein und unterstützte den Landesver. für Fremdenverkehr gegenüber den Landesbehörden. In der nationalen Frage vertrat S. eine dt.betonte Linie und lehnte eine Autonomie für das Trentino im Interesse der Landeseinheit kategor. ab. In diesem Lichte ist auch seine Mitgliedschaft im Bundesvorstand des 1905 gegründeten Tiroler Volksbundes zu sehen, der dem Trentino gegenüber eine aggressive dt. Volkstumspolitik betrieb. 1909 fungierte S. als 1. Präs. des Tiroler Landeskatholikentages. Zwar immer im Schatten des LHptm. Kathrein (s. d.), aber auch Schoepfers und Schraffls stehend, gehörte S. doch zu den wichtigsten Politikern Tirols um die Jh.Wende.

L.: Neue Tiroler Stimmen und RP, 24., Brixner Chronik und Tiroler Volksbl., 25. 7. 1914; Hahn, 1891; H. Kramer, in: Osttiroler Heimatbll. Heimatkundl. Beilage des Osttiroler Boten, 17, 1949, n. 18; J. E. Tumler, Die Abg. zum Tiroler Landtag von 1861–1914, phil. Diss. Innsbruck, 1981, S. 53ff.; R. Schober, Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jh. (= Veröff. des Tiroler LA 4), 1984, s. Reg.; Th. Frh. v. Kathrein, hrsg. von R. Schober (= Veröff. des Tiroler LA 7), 1992, s. Reg.; Pfarramt Bolzano/Bozen, Italien; Tiroler LA, UA, beide Innsbruck, Tirol; UA Wien.
(R. Schober)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 143
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>