Schrötter von Kristelli, Hermann (Anton) (1870-1928), Laryngologe

Schrötter von Kristelli Hermann (Anton), Laryngologe. Geb. Wien, 5. 8. 1870; gest. ebenda, 7. 1. 1928. Enkel des Anton S. v. K., Sohn des Leopold S. v. K. und der evang. Tochter eines Osnabrücker Tuchhändlers, Neffe von Alfred S. v. K. (s. d.); evang. AB. Ab 1925 war S. mit der Konzert- und Oratoriensängerin Marguerite Alice Coroze, geb. Ronco (geb. Le Locle, Schweiz, 24. 10. 1887), verehel. Stud. ab 1888 Med. an der Univ. Wien, 1890/91 an der Univ. Straßburg, daneben aber auch Naturwiss., und wurde 1894 zum Dr. med., 1895 zum Dr. phil. prom. Anschließend arbeitete er zwei Jahre an der Chirurg., dann bis 1908 an der von seinem Vater geleiteten III. Med. Klinik in Wien, unternahm 1909 mit Hg. Georg Wilhelm v. Braunschweig eine Jagdreise an den oberen Nil, 1910 eine Forschungsreise nach Teneriffa, stud. 1911 die klimat. Verhältnisse in Dalmatien und gehörte der während des Balkankriegs 1912/13 von der Ges. des Roten Kreuzes nach Montenegro entsendeten Mission an. S., der 1891 seinen Militärdienst geleistet hatte und 1912 Oberarzt, 1913 Rgt.Arzt der Res. geworden war, diente im Ersten Weltkrieg als Sanitätsoff., avancierte 1916 zum Stabsarzt und wurde 1919 aus dem Militärdienst entlassen. 1920 übernahm er, selbst schwer lungenkrank, die prov. Leitung der von seinem Vater begründeten, inzwischen verstaatl.Lungenheilstätte Alland (NÖ), um deren Erhaltung und Verbesserung er bemüht war, kam aber nach deren Wiederprivatisierung schon im Folgejahr in das Volksgesundheitsamt beim Min. für soziale Verwaltung, habil. sich 1925 an der Univ. Wien für Innere Med. und trat noch im selben Jahr i. R. S. widmete sich intensiv der Bronchoskopie und konnte damit als erster in Wien Lungentumoren diagnostizieren. Daneben befaßte er sich ab 1897 mit Pathol. und Therapie der Luftdruckerkrankungen, bes. der sog. Caissonkrankheit, klimatolog. Untersuchungen, wie Physiol. und Pathol. der Wirkungen von Sonneneinstrahlung, der Lichtwirkung usw., und erforschte auch den Energieverbrauch bei verschiedenen Tätigkeiten. Angeregt durch die Problematik der Luftwirkungen, wandte er sich selbst dem Flugwesen zu, erwarb schon vor 1914 das vom Aëro-Club ausgestellte Diplom für Kugelballonführer, unternahm Ballonflüge in über 8.000 m Höhe, arbeitete eine Methode zur Überprüfung der phys. Eignung von Piloten aus und konstruierte 1903 die erste luftdichte Gondel für Ballonflüge. 1900 wurde er wegen eines Streits um die alleinige Autorschaft einer Abh. über die Luftdruckkrankheit für schuldig befunden, verlor daraufhin seinen militär. Rang, wurde aber 1906 rehabilitiert. Im Ersten Weltkrieg kommandierte er verschiedene Feldspitäler, so als Sanitätschef der Art.Formationen im Vorderen Orient das Reservespital in Jerusalem, wo er bei der Bekämpfung dort auftretender Seuchen Verdienste erwarb. Nach dem Zusammenbruch vorerst Dir. eines Malariaspitals in Wieselburg, dann an einem Reservespital in Wien. Im Min.Dienst bewährte er sich v. a. als Organisator, u. a. durch Einführung jodierten Salzes als Kropfprophylaktikum und 1922 als Vertreter der Regierung bei der vom Völkerbund einberufenen Sanitätskonferenz. Er publ. 120 Arbeiten, wurde 1920 Tit. Reg.Rat, 1926 Tit. HR und gilt als Wegbereiter der Luftfahrtmed.

W. (s. u. bei Stumpf): Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung rascher Veränderungen des Luftdruckes auf den Organismus, gem. mit R. Heller und W. Mager, in: Pflügers Archiv für die gesammte Physiol. … 67, 1897; Zur Kenntnis der Bergkrankheit, 1899; Luftdruckerkrankungen …, gem. mit R. Heller und W. Mager, 1901; Klinik der Bronchoskopie, 1906; Der Sauerstoff in der Prophylaxe und Therapie der Luftdruckerkrankungen, 1906; Hygiene der Aeronautik, 1908, Neuaufl. 1912; Skizzen eines Feldarztes aus Montenegro, 1913; Tagebuch einer Jagdreise an den oberen Nil …, 1915; Zur Theorie und Praxis der Strahlenbehandlung der Tuberkulose, in: Strahlentherapie 11, 1920; Das Tote Meer. Beitr. zur physikal. Geographie und Balneol. …, 1924; Über den Energieverbrauch bei musikal. Betätigung, gem. mit A. Loewy, in: Pflügers Archiv für die gesamte Physiol. … 211, 1926; usw.
L.: N. Fr. Pr., 8. 1. 1928; Die Fackel, s. Reg.; Kürschner, Gel.Kal., 1926; Lesky, S. 417; Inauguration Univ. Wien 1928/29, 1928, S. 19f.; A. Loewy, in: Dt. Med. Ws. 78, 1928, S. 105; E. Urbantschitsch, in: Ms. für Ohrenheilkde. … 62, 1928, S. 129; Wr. Med. Ws. 78, 1928, S. 105f.; M. Weinberger, in: Wr. klin. Ws. 41, 1928, S. 136; ders., in: Wr. Med. Ws. 88, 1938, S. 171; G. Schubert, in: Clio Medica 2, 1967, S. 135f.; J. Stumpf, Personalbibliographien von Prof. und Doz. der Inneren Med. … der Univ. Wien … 1885–1935, (1972), S. 190ff.; E. H. Majer – M. Skopec, Zur Geschichte der Oto-Rhino-Laryngol. in Österr., (1985), S. 68; J. Csizmadia, L. A. D. Schrötter Ritter v. Kristelli …, phil. DA Wien, 1986, S. 66f.; P. Jung, Der k. u. k. Wüstenkrieg. Österr. im Vorderen Orient 1915–18, 1992, S. 65f.; ders., Beitrr. zum militär. Engagement Österr.-Ungarns im Nahen und Mittleren Osten 1914–18, phil. Diss. Wien, 1993, S. 65f.; A. Kreuter, Deutschsprachige Neurologen und Psychiater 3, 1996; AdR, AVA, KA, UA, alle Wien.
(H. Leitner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 247f.
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