Schuchter Joseph, Schulmann und Psychologe. Geb. Roppen (Tirol), 13. 2. 1835; gest. Brixen, Tirol (Bressanone/Brixen, Italien), 20. 12. 1911. Bauernsohn. Besuchte nach Absolv. des Akadem. Gymn. in Innsbruck ab 1857 die Theolog. Lehranstalt in Brixen, wurde 1860 zum Priester geweiht und war ab 1861 als Kooperator tätig. 1873–76 stud. er, schon 1857 dort immatrikuliert, an der Univ. Innsbruck Geschichte, Geographie sowie Phil. und legte 1878 die Lehramtsprüfung ab. Nach dieser avancierte S., der schon seit 1875 am fürstbischöfl. Knabenseminar Vincentinum in Brixen gelehrt hatte, zum Prof., trat 1905 i. R., unterrichtete aber danach aushilfsweise Propädeutik am Gymn. der Augustiner Chorherren in Brixen. Wiss. beschäftigte sich S. mit Problemen der Psychol., v. a. mit Begriff und Funktion der Seele, in der er das Subjekt des denkenden Bewußtseins und zugleich belebendes Prinzip des menschl. Körpers sah. Da sich, wie er darlegte, die Seele des Gehirns bedient, greifen Störungen im Organismus desselben auf die bewußten Tätigkeiten über. Mit seiner psychiatr. Krankheitslehre entspricht er der somat. Psychopathol. der Hochscholastik, den Lehren der Pastoralpsychiatrie Rickers (s. d.), aber auch der klass. klin. Psychiatrie der Gegenwart. In Anerkennung seiner Verdienste als Pädagoge und Wissenschaftler wurde er 1905 zum fürstbischöfl. Geistl. Rat ernannt. S., der in der empir. Psychol. einen integrierenden Faktor der Naturwiss. sah, erörterte auch religionspatholog. Phänomene, wie beispielsweise Besessenheit, und wurde damit zu einem frühen Vertreter der Pastoralmed.