Schulhof, Josef (1824-1890), Erfinder und Waffenkonstrukteur

Schulhof Josef, Erfinder und Waffenkonstrukteur. Geb. Dolní Kalná, Böhmen (Jičín, Tschechien), 1824 oder 23. 6. 1826; gest. Hietzing, NÖ (Wien), 10. 6. 1890. Sohn eines Talmudisten; mos. Obwohl S. ursprüngl. auf Wunsch seines Vaters in Prag für den Handelsberuf ausgebildet werden sollte, kam er mit 14 Jahren nach Ungarn, wo er sich mit Nachhilfeunterricht durchbrachte. Dadurch zum Selbststud. gezwungen, bildete er sich bes. auf techn. und landwirtschaftl. Gebiet weiter. Schon 1842 wurde er von den Gebrüdern Franz und Hubert Klein (beide s. d.) als Bauass. und später als Bauleiter bei Bahnbauten in Böhmen und Mähren angestellt. 1849–51 soll er bereits als selbständiger Bauunternehmer am Bau der Semmeringbahn beteiligt gewesen sein, wobei er sich durch den Bau eines Backhauses zur Verpflegung der Arbeiter einen bes. Ruf im In- und Ausland erworben haben soll. Ab 1851 baute er den 1856 eröffneten Eisenbahnstreckenabschnitt Oravicza-Bazias im Banat, der dann zum Netz der Staatseisenbahn gehörte. Nach dessen Beendigung pachtete S. die Staatsdomäne Denta, wo er durch die Errichtung von Dämmen und die Anschaffung landwirtschaftl. Maschinen die Produktivität wesentl. steigern konnte. In diesem Zusammenhang erwarb er auch einen Fowlerschen Dampfpflug, den er nach eigenen Vorstellungen adaptieren ließ, und veranstaltete mit diesem im November 1861 in Anwesenheit des K. ein Schaupflügen. Durch den Erfolg ermutigt, soll er damals auch begonnen haben, eine landwirtschaftl. Maschinenfabrik zu errichten. Ab Beginn der 60er Jahre war S. zunächst Generalinsp., später dann Generalpächter der Esterházyschen Domänen in Ungarn, wobei es ihm gelang, einen großen Tl. der fürstl. Güter zu verpachten, sein persönl. Vorgehen bei diesen Verpachtungen war jedoch nicht unumstritten. Jedenfalls legte S. seine daraus gewonnenen Erfahrungen in einer Broschüre nieder, in der er die Verpachtung von Staatsgütern empfahl. In der Folge übersiedelte S. nach Wien und begann sich mit der Weiterentwicklung von Erfindungen zu beschäftigen. So erwarb er 1868 das Patent auf die Konstruktion eines Röhrenbrunnens, den er verbesserte und selbst in einer eigens errichteten Fabrik produzierte. Dieser Brunnen wurde dann u. a. von der französ. Armee in der Sahara erfolgreich für die Wasserversorgung der Truppen eingesetzt. Bezeichnend für die Vielfalt seiner Erfindungen ist ein Privileg von 1873, das er für die Erfindung einer Luftlokomotive gem. mit Salomon Bauer erhielt. In der Folge wandte sich S. der Entwicklung von Schußwaffen zu und erhielt mehrere Patente, u. a. 1882 für ein Repetiergewehr mit Kolbenverschluß, System Schulhof, dessen Magazin im Kolben eingebaut war. Weiters konstruierte er ein Repetiergewehr mit einem Geradezug-Zylinderverschluß und einem Trommelmagazin (1886). Erfolgreich scheint seine 1888 patentierte Scheibenpistolen-Konstruktion gewesen zu sein, die in Österr. und Deutschland produziert wurde. Seit Beginn der 70er Jahre Mitgl. des Wr. Schützenver., bei dem er den Gebrauch der Pistole einführte, war S. v. a. ein bekannter Pistolenschütze. Sein Wettkampf mit dem amerikan. Profischützen Ira Paine 1885 fand großes öff. Echo, und obwohl S. deutl. unterlag, tat dies seinem Ruf keinen Abbruch.

W.: Staatsgüter und Grossgrundbesitz in der österr. Monarchie. Vorschlag zur Hebung des Güterertrages durch Einführung des Verpachtungs-Systemes, 1862; S.’s transportable Röhren-Brunnen (Patent Norton), 1868. Zahlreiche Patente, bes. für Schußwaffenerfindungen und Brunnenkonstruktionen, s. dazu: Cat. der von dem k. k. Privilegien-Archive im Jahre 1868 registrirten, ertheilten, verlängerten, übertragenen und ausser Kraft getretenen Privilegien, 1869ff.
L.: Fremden-Bl., 25. 11. 1861, 23. 2. 1869, 11. 6. 1890; Der Volkswirth, 13. 2. 1869; Allg. Sport-Ztg., 2. 10. 1885 und 15. 6. 1890; Illustrirtes Wr. Extrabl., N. Fr. Pr., NWT, Wr. Ztg., 11. 6. 1890; Die Neuzeit 3, 1863, n. 11, S. 127ff.; Allg. Schweizer. Militär-Ztg. 36, 1890, S. 232f.; Die neuesten Erfindungen im Gebiete der Landwirthschaft, des Bergbaues, des Fabriks- und Gewerbewesens 5, 1861, S. 368; Die Verwaltung des Fürst Esterházy’schen Vermögens durch Franz Gf. Zichy, 1865, bes. S. 32ff.; Denkschrift über die Repetirgewehr-Frage in Österr.-Ungarn, 1886, S. 5, 15f.; J. Lugs, Handfeuerwaffen 1, 2. Aufl. 1968, s. Reg.; ders., Das Buch vom Schiessen, 1968, S. 70, 73, 187, 190; W. Seel, Bibliographie zur Technik und Geschichte der Handfeuerwaffen und Maschinengewehre, 1978; Mitt. Rudolf Mannhard, Bisamberg, NÖ.
(W. Hummelberger – Ch. Mentschl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 320f.
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