Schullerus Adolf, Priester, Linguist, Volkskundler und Politiker. Geb. Fogarasch/Fogaras, Siebenbürgen (Făgăraş, Rumänien), 7. 3. 1864; gest. Sibiu (Rumänien), 27. 1. 1928. Sohn von Gustav Adolf S., Bruder von Fritz S. (beide s. d.) und der Schriftstellerin Anna Schuller-Schullerus (geb. Fogarasch, 20. 4. 1869; gest. Sibiu, 6. 5. 1951), Onkel von Trude S. (s. u. Fritz Schullerus), Cousin von Pauline S. (s. d.); evang. AB. Nach Absolv. des Gymn. in Hermannstadt/Nagyszeben (Sibiu) stud. S. ab 1882 Theol. und Germanistik an den Univ. Bern, wo er sich bes. mit der german. Mythol. befaßte, Leipzig (1883–85) und Budapest (1885/86); 1886 Dr. phil. der Univ. Leipzig. 1886/87 unterrichtete S. zunächst an einem Budapester Gymn. und war 1887–89 Rektor an der höheren Volksschule und der Gewerbeschule in Agnetheln (Agnita). Danach war er als Prof. für Dt. am evang. Landeskirchenseminar in Hermannstadt in der Lehrerausbildung tätig, mußte daneben aber auch noch den Magyarischunterricht übernehmen, für den er später auch method. neue Lehrbücher verf. 1900 wurde er in Nachfolge seines Vaters zum Pfarrer der evang. Gmd. in Großschenk/Nagysink (Cincu) berufen, 1907 kehrte er als Stadtpfarrer nach Hermannstadt zurück, wo er bis zuletzt wirkte und 1922 zum Bischofsvikar gewählt wurde. Neben diesen Tätigkeiten war S. auf wiss., kirchl. und kulturellem Gebiet publizist. äußerst produktiv: 1892–1927 Schriftleiter des Korrespondenzbl. des Ver. für siebenbürg. Landeskde., war er 1894–1926 Ausschußmitgl. dieses Ver. Bes. Interesse zeigte er für Probleme der Sprachforschung, v. a. der Mundart- und der Volkskde. In dem von ihm hrsg., ab 1908 erschienenen Siebenbürg.-sächs. Wörterbuch wollte er nicht nur Idiotismen, sondern den gesamten Sprachschatz und damit das volkskundl. Gut der Siebenbürger Sachsen erfassen. Ferner verf. er zahlreiche hist. Aufsätze und Biographien und leistete mit seiner „Siebenbürgisch – Sächsischen Volkskunde im Umriß“ (1926) einen wertvollen Beitr. zu dieser Fachrichtung. Auf literar. Gebiet schuf er zahlreiche Erz. in sächs. Mundart und betrieb zuletzt Stud. über Märchen. Geprägt von der hist.-krit. Theol. des 19. Jh., versuchte er auch Erkenntnisse der Geistes- und Naturwiss. ins theolog. Denken zu integrieren und Dogmen in Frage zu stellen. Ein bes. Anliegen war ihm die Priesterausbildung. Schon früh engagierte sich S. auch polit. und setzte sich ab 1893 als einer der führenden Vertreter der sog. „Grünen“, die eine schärfere Haltung zur ung. Regierung forderten, für die nationalen Anliegen der Siebenbürger Sachsen ein. Nach längerer polit. Absenz trat er gegen Ende des Ersten Weltkriegs wieder aktiv in Erscheinung: 1918 wurde er zum Vors. des Sächs. Zentralausschusses (später Sächs. Volksrat) gewählt und war 1919 eine der treibenden Kräfte für den Anschluß der Siebenbürger Sachsen an Rumänien. 1919–26 war er einer der prominentesten Vertreter der dt. Minderheit im rumän. Senat. 1909 Dr. theol. h. c. der Univ. Leipzig.