Schumacher von Tännengau, Albert (1844-1913), Politiker und Arzt

Schumacher von Tännengau Albert, Politiker und Arzt. Geb. Wien, 8. 11. 1844; gest. Salzburg (Sbg.), 15. 3. 1913. Sohn von Ignaz S. (s. d.), ab 1872 mit Emma, der Tochter des Salzburger Fabrikanten und Handelsmannes Franz Zeller, verehel. Nach Absolv. des Gymn. in Salzburg stud. S. ab 1864 Med. an der Univ. Wien, 1870 Dr. med., und war zunächst von 1872–76 als prakt. Arzt in Hallein, dann als Landesgerichtsarzt in der Stadt Salzburg tätig, wo er 1879 als Kandidat des „Ärztlichen Vereins“ in den Gmd.Rat gewählt wurde. S. rückte durch sein kommunalpolit. Engagement rasch in den engeren Führungszirkel des liberalen Establishments der Stadt auf. Gem. mit einigen jüngeren Gesinnungsgenossen übernahm er 1884 die Reorganisation des „Liberalen Vereins“, womit dessen Position in der Stadt, die Anfang der 80er Jahre durch Wahlerfolge konservativer Kandidaten gefährdet gewesen war, konsolidiert werden konnte. 1888 wurde S. von der liberal dominierten Gmd.Vertretung einstimmig zum Bgm. gewählt. In dieser Funktion wirkte er erfolgreich für eine Verbesserung der städt. Infrastruktur (u. a. Regulierung des Gersbaches sowie Parzellierung des Giselakais). 1889 wurde S. in den Sbg. Landtag gewählt. Nachdem dort die kath.-konservative Vorherrschaft bei der Landtagswahl 1890 durch den Wahlerfolg der dt.konservativen Mittelpartei gebrochen worden war, ernannte der K. den gemäßigten Liberalen S. als Kompromißkandidaten zum LHptm., worauf dieser als Bgm. zurücktrat. Während seiner ersten Amtsperiode setzte sich S. insbes. für die Ausgestaltung des Gesundheitswesens ein, so geht die Errichtung der Sbg. Landesirrenanstalt v. a. auf seine Initiative zurück. Nach dem Erfolg der Konservativen Partei bei den Landtagswahlen von 1896 mußte S. sein Amt abgeben und wurde LHptm.-Stellv., nach den Gewinnen der deutschkonservativen Mittelpartei 1902 hatte die „deutsche Linke“ jedoch wieder die Mehrheit und S. wurde neuerl. LHptm. Auch in seiner zweiten Amtsperiode wirkte er vielfach für eine Hebung des Sanitätswesens, erwarb sich darüber hinaus aber auch Verdienste um die Realisierung des Tauernbahnprojekts, den Ausbau des Lokalbahnnetzes sowie um die Gründung der Sbg. Landes-Hypothekenanstalt. Nach seinem Rückzug aus dem öff. Leben, 1908, wurde er in den Ritterstand erhoben. S. war vom liberalen Fortschrittsglauben der 60er und 70er Jahre geprägt und blieb bis zum Ende seiner polit. Laufbahn den Traditionen der hochliberalen Ära verbunden. Er zählte zu jener letzten Generation von gesinnungstreuen Liberalen, die das polit. Überleben des Liberalismus durch eine stärkere Betonung des Deutschtums zu gewährleisten hofften, zugleich aber den radikalen Deutschnationalismus und dessen antisemit. Tendenzen strikt ablehnten.

W.: Chronik der Familie S. 1810–1912, 1912.
L.: Salzburger Volksbl., 16. 3. 1913; Hundert Jahre selbständiges Land Sbg., 1961, S. 109f. (mit Bild); F. Steinkellner, G. Lienbacher (= Publ. des Inst. für kirchl. Zeitgeschichte, Ser. II/14), 1984, s. Reg.; H. Haas, in: Geschichte Sbg., hrsg. von H. Dopsch und H. Spatzenegger 2/2, (1988), S. 852, 854, 920f., 994; R. Hoffmann, ebenda, 2/4, (1991), S. 2338f., 2351, 2357f., 2360f., 2364 (mit Bild); H. Dopsch – R. Hoffmann, Geschichte der Stadt Salzburg, 1996, s. Reg.; UA Wien.
(R. Hoffmann)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 54, 1999), S. 366
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