Schuselka-Brüning, Ida; geb. Wohlbrück, verehel. Schuselka (1817-1903), Sängerin und Schauspielerin

Schuselka-Brüning Ida, geb. Wohlbrück, geschiedene Brüning, verehel. Schuselka, Sängerin und Schauspielerin. Geb. Königsberg, Preußen (Kaliningrad, Rußland), 15. 1. 1817; gest. Baden (NÖ), 15. 11. 1903. Tochter des Schauspielers Gustav Friedrich Wohlbrück (1793–1849) und der Danzigerin Friederike Amalie v. Bentzmann, Gattin des Franz Schuselka (s. d.); evang. AB. S.-B. betrat in Linz, wo ihr Vater 1818–20 engagiert war, bereits mit zwei Jahren erstmals die Bühne. Weitere Kinderrollen folgten. Ihre Ausbildung zur Sängerin (Sopran) erfolgte in St. Petersburg, wo ihr Vater 1829–40 im Engagement war. Hier und in Riga begann S.-B. im Chor und mit kleinen Rollen, ehe sie 1833 am Stadttheater von Reval (Tallinn) als Solistin in der Rolle der Prinzessin in F.-A. Boieldieus Oper „Jean de Paris“ debüt. Engagements in Königsberg (1835), Danzig/Gdansk (1837) und am Hamburger Opernhaus, wo sie 1838 als Zerline in D.-F.-E. Aubers „Fra Diavolo“ debüt., folgten. In Hamburg heiratete sie 1840 den Schauspieler und Sänger Karl Brüning (1808–70), von dem sie aber bereits 1841 wieder geschieden wurde. Auf Hamburg folgte ein Engagement am Kgl. Theater in Hannover, von wo S.-B. 1842 nach Wien ging und hier am Kärntnertortheater (u. a. als Zerline in Mozarts „Don Giovanni“) und im Theater i. d. Josefstadt (u. a. als Marie in G. A. Lortzings „Zar und Zimmermann“) mit großem Erfolg gastierte. Carl Carl (s. Bernbrunn Karl) sah in ihr die geeignete Künstlerin, um am von ihm geleiteten Theater a. d. Wien das Pariser Vaudeville heim. zu machen und holte sie, vorerst als Gast, an sein Theater. Sie debüt. 1842 in der Titelrolle von F. E. Lynckers Vaudeville „Chonchon, die Savoyardin“, die sie bereits bei ihrem Gastspiel an der Josefstadt gegeben hatte, mit so durchschlagendem Erfolg, daß sie bis November 1843 in 19 Rollen in rund 270 Vorstellungen auf der Bühne des Theaters a. d. Wien stand und im selben Monat von Carl, mit dem sie auch privat ein enges Verhältnis einging, mit einem großzügigen Vertrag für zehn Jahre an seine Bühnen engagiert wurde. S.-B. war dank ihres reizvollen Äußeren, ihrer persönl. Ausstrahlung sowie ihres sänger., darsteller. und tänzer. Könnens die ideale Interpretin der schalkhaften, munteren Soubrettenrollen des französ. Singspiels. Ihr auch techn. perfekter, pointierter Gesang und ihr temperamentvolles, aber doch anmutiges Spiel brachten ihr den Beinamen „deutsche Déjazet“ ein. Mit Carl als kongenialem Partner feierte sie in den nächsten zwei Jahren große Erfolge, u. a. als Marie in „Marie, die Tochter des Regimentes“ nach der Oper G. Donizettis und als Marie in „Ein Abend, eine Nacht und ein Morgen in Paris“ von F. Kaiser (s. d.). Als 1845 das Theater a. d. Wien von F. Pokorny (s. d.) erworben wurde, trat sie bei Carl im Theater i. d. Leopoldstadt auf, zuletzt auch verstärkt in kleineren Rollen im Lokalstück, da das Vaudeville an Anziehungskraft verloren hatte. 1849 heiratete sie in Wien den Publizisten und Politiker Franz Schuselka und brach damit ihre persönl. und berufl. Verbindung mit Carl ab. Mit großem Erfolg gastierte sie in diesen Jahren in Berlin, Hamburg, Dresden und Frankfurt und ab 1850 am Theater a. d. Wien in ihren alten Erfolgsrollen. 1853 wurde sie Mitgl. der Dresdner Hofbühne, wo sie sich verstärkt dem Schauspiel zuwandte und in Charakterrollen wie Gfn. Orsina in Lessings „Emilia Galotti“ oder Lady Milford in Schillers „Kabale und Liebe“ große Anerkennung fand. Nach einem weiteren Gastspiel am Theater a. d. Wien, 1854, übernahm sie zu Ostern 1855 die Leitung des Linzer Landständ. Theaters, die sie jedoch nach zwei Jahren mit großen finanziellen Verlusten zurücklegen mußte, obwohl sie viele Novitäten gebracht und den Spielplan sehr abwechslungsreich gestaltet hatte. Es folgten ein längeres Gastspiel in Stuttgart und 1859 eine Verpflichtung nach Weimar, ehe sie sich für einige Zeit von der Bühne zurückzog. 1862 ging sie nach Paris, wo sie ein dt. Theater gründete, das sich aber nur drei Jahre halten konnte. Anschließend gab sie in französ. Sprache kommentierte Rezitationsabende mit dt. Klassikern und gründete eine Schule für dt. Literatur und Sprache. Bereits 1867 war S.-B. im Rahmen einer ihrer Gastspielreisen in München das letzte Mal auf der Bühne gestanden. 1887 erschien in Paris ihr Buch „Le théâtre en Allemagne, son origine et ses luttes (1200–1760)“. Bereits seit 1844 übers. und bearb. S.-B. französ. Stücke z. Tl. sehr erfolgreich für die dt. Bühne. Ihre Bearb. des Schauspiels „Le père prodigue“ von A. Dumas fils wurde ab 1860 unter dem Titel „Vater und Sohn“ mit Erfolg auch am Wr. Burgtheater aufgeführt. Manche Bearb. bzw. eigene Stücke kamen über eine einzige Auff. nicht hinaus. Ende der 80er Jahre übersiedelte sie zur Gänze nach Österr., wo sie teils in Baden und teils auf ihrem Besitz in Schottwien (NÖ), auf dem sie auch während ihrer Pariser Zeit jährl. einige Wochen verbracht hatte, lebte. Ihre Töchter Ida, Olga und Bertha waren ebenfalls Schauspielerinnen, die Tochter Berthas, Olga Wohlbrück-Wendland (geb. Gainfarn, NÖ, 5. 7. 1865; gest. Berlin, Dtld., 21. 7. 1933), eine bekannte Schauspielerin, Bühnenleiterin und Schriftstellerin.

L.: Oö. Nachrichten, 10. 10. 1970; Eisenberg, Bühnenlex.; Kosch, Theaterlex.; Kutsch–Riemens, 3. Aufl. 1997; Wurzbach; Neuer Theater-Almanach 16, 1905, S. 171; F. Gämmerler, Theater-Dir. Carl, 1854; F. Kaiser, Unter 15 Theater-Dir., 1870, s. Reg.; O. Rommel, Die Alt-Wr. Volkskomödie, (1952), s. Reg.; H. Wimmer, Das Linzer Landestheater 1803–1958, in: Oö. Heimatbll. 13, 1959, s. Reg.; E. Grünsteidl, Die Geschichte des Linzer Landständ. Theaters im 19. Jh., phil. Diss. Wien, 1970, S. 120ff.; K. Loup, Die Wohlbrücks, 1975, bes. S. 203ff.; P. S. Ulrich, Biograph. Verzeichnis für Theater, Tanz und Musik 2, 1997.
(E. Marktl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 54, 1999), S. 380ff.
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