Schwartner, Martin (Márton) von (1759-1823), Historiker und Statistiker

Schwartner Martin (Márton) von, Historiker und Statistiker. Geb. Käsmark/Késmárk, Ungarn (Kežmarok, Slowakei), 1. 3. 1759; gest. Altofen/Óbuda (Budapest, Ungarn), 15. 8. 1823. Sohn eines Kaufmanns; evang. AB. Nach Absolv. der Gymn. in Käsmark, Preßburg und Ödenburg (Sopron) stud. S., der sich ursprüngl. dem Theol.Stud. hatte widmen wollen, Geschichte, Diplomatik und Statistik an der Univ. Göttingen, 1781 Dr. phil (Stud. und Prom. nicht nachweisbar). 1781–84 Erzieher in einer ung. Adelsfamilie, wirkte er von 1784–86 als Konrektor am Evang. Lyzeum in Käsmark, um danach bis 1788 eine Prof.-Stelle am Ödenburger Gymn. anzutreten. Im selben Jahr wechselte S. an die Univ. Pest, wo er nicht nur das vakant gewordene Ordinariat für Diplomatik und Heraldik erhielt, sondern auch das mit dieser Stellung verbundene Kustodiat der Univ.-Bibl. ausübte. In seiner neuen Funktion verf. S. 1790 das erste Lehrbuch der Diplomatik in Ungarn, die „Introductio in artem diplomaticam praecipue Hungaricam“, 2. Aufl. 1802, womit er zum Begründer dieses Faches in Ungarn wurde. Auch der Geneal. hat S. sein Interesse zugewandt. So beschäftigte er sich in seiner 1791 erschienenen Stud. „De gente Croviaca Hungariae regum stirpis Arpadianae haereditario successionis iuri non adversa“ mit dem Aussterben des ung. Kg.Geschlechts der Arpaden und den verwandtschaftl. begründeten Nachfolgerechten des Adelsgeschlechts derer v. Croy. Später widmete sich S. der Statistik, deren Grundlagen er wohl in Göttingen, der Wirkungsstätte des „Vaters der deutschen Universitätsstatistik“, Gottfried Achenwall, stud. hatte. Seine Erkenntnisse legte er in der Schrift „Statistik des Königreichs Ungern“, in der erstmals systemat. die demograph. und wirtschaftl. Lage Ungarns beschrieben wurde, nieder. Diese ursprüngl. in Dtld. entwickelte Statistik verband die Lehre vom statista (Staatsmann) mit der Diplomatik und zahlenmäßigen Erfassung von polit. relevanten Fakten zu einer Lehre von den „Staatsmerkwürdigkeiten“ und den Staatswiss. Dementsprechend beschäftigt sich mehr als die Hälfte seines Lehrbuchs mit dem Staats- und Verfassungsrecht. Anders als seine Vorgänger bereicherte er in der ersten Aufl. die deskriptive Statistik um einige Elemente der engl. polit. Arithmetik, womit er zu einem Vorläufer der wiss. Statistik in Ungarn wurde. 1801 nob. Von seiner hist.-statist. Arbeit zeugt auch seine mit reichen Anmerkungen versehene Quellensmlg. zur hist. und aktuellen Lage des Schultheißenamtes in Ungarn („De scultetiis per Hungaricam quondam obviis“, 1815). Trotz der hohen wiss. Qualität dieser Arbeit gelang es S. nie, den Lehrstuhl für Statistik an der Univ. Pest zu erhalten, obwohl sich hochgestellte Fürsprecher für ihn verwendeten. S., der ohne Nachkommen blieb, vermachte 1809 dem Evang. Lyzeum in Preßburg ein Legat von 500 fl, hinterließ seine reichhaltige Bibl. sowie 15.000 fl dem Gymn. in Käsmark und eine Geldsumme in gleicher Höhe der Stadt Käsmark.

W.: Statistik des Kg.Reichs Ungarn, 1798, 2. vermehrte Aufl., 3 Bde., 1809–11, 3. Aufl. 1815, auch französ. 3 Bde., 1813–16; Bévezetés a Diplomatikába vagy is az oklevél eszmét tudományába … (Einführung in die Diplomatik oder in die Wiss. über die Urkunden …), hrsg. von J. Perger, 1821; usw.
L.: Biograph. Lex. Südosteuropas; Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex.; Pallas; Révai; Rieger; Szinnyei; Wurzbach; J. Melzer, Biographien berühmter Zipser, 1832, S. 236ff.; H. Márki, S. M. és a statisztika állása a XVIII. és XIX. század fordulóján, 1905; P. Lukcsics, S. M. élete és tudományos jelentsége, 1914; L. Dezső, in: Magyar Statisztikai Szemle 1, 1923, S. 205ff.; A. Vért, in: Statisztikai Szemle 6, 1952, S. 487ff.; L. Unčovský, in: Ekonomický časopis 3, 1955, S. 354ff.; J. Zoltán, in: A könyvtáros 9, 1959, S. 428ff.; A. Hirner, in: Svet sociol. 1, 1971, n. 2, S. 24ff.; J. Tibenský, Dejiny vedy a techniky na Slovensku, 1979, S. 171; Enc. Slovenska 5, 1981; Pedagogická enc. Slovenska 2, 1985; R. Rainer – E. Ulreich, Karpatendt. Biograph. Lex., 1988; Slovenský biografický slovník 5, 1992; UA Göttingen, Dtld.; Mitt. Pál Fónyad, Perchtoldsdorf, NÖ, und Peter Paul Sint, Wien.
(I. Chalupecký)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 54, 1999), S. 419f.
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