Sedlak, Johann (1820-1870), Seelsorger

Sedlak Johann, Seelsorger. Geb. Straßnitz, Mähren (Strážnice, Tschechien), 22. 12. 1820; gest. Hauskirchen (NÖ), 8. 3. 1870. Bauernsohn. S. besuchte das Gymn. in Straßnitz, absolv. die phil. Jgg. in Nikolsburg (Mikulov) und stud. als Zögling des fürsterzbischöfl. Alumnats in Wien ab 1839 Theol. an der Univ. Nach der Priesterweihe 1843 wirkte er als Kooperator bzw. Provisor in NÖ: zunächst in Wienerherberg (Ebergassing), 1845 in Bruck an der Leitha, 1846 in Zillingdorf. 1847–51 Kooperator in Wr. Neustadt, versah er auch die Seelsorge im dortigen Zivilgefangenenhaus. Als die schon seit dem Baubeginn der Semmeringbahn (1848) herrschende Unzulänglichkeit der seelsorger. Betreuung der vorwiegend aus Böhmen, Mähren und Italien stammenden Arbeiter und Arbeiterinnen durch den Ausbruch einer Choleraepidemie akut geworden war, kam es über Initiative von Handelsmin. Bruck (s. d.) zur Errichtung einer behelfsmäßigen Seelsorgestation am Semmering durch Fürsterzbischof Milde (s. d.). Dieser nominierte 1851 S. als exponierten Kuraten, eine Entscheidung, für die nicht zuletzt dessen tschech. und – anfangs allerdings nur geringen – italien. Sprachkenntnisse maßgebend waren. Die anfallenden Kosten wurden vom Staat getragen. Das Ausmaß der von S. unter schwierigsten Bedingungen geleisteten seelsorger. Arbeit geht eindrucksvoll aus den Statistiken hervor. Dazu hielt S. den Schul- und Erwachsenen-Religionsunterricht, betreute ein Notspital mit 40, tw. doppelt belegten Betten (wobei er von Dezember 1851 bis Februar 1852 83 meist an Typhus Erkrankte versehen mußte und in der Folge selbst erkrankte) und ein von ihm gegründetes Armeninst., das der sozialen Not der beim Bau Beschäftigen begegnen sollte. Mit Abschluß des Bahnbaues 1854 endete auch die Tätigkeit S.s, die er in einem „Ingedenkbuch“ festgehalten hat. Sein Wirken wurde bei den Abschlußfeiern gewürdigt, K. Franz Joseph (s. d.) hob im Anschluß an die Erstbefahrung der Strecke bes. hervor, „daß er in drei Sprachen gepredigt“ habe und verlieh ihm 1855 das goldene Verdienstkreuz mit der Krone. Noch im selben Jahr wurde S. Kuratbenefiziat im Allg. Krankenhaus in Wien, dann dessen geistl. Dir., 1869 Pfarrer von Hauskirchen, starb jedoch bald nach langwieriger Krankheit. S., „wahrscheinlich der erste österreichische Industriekaplan“ (Loidl), setzte mit größter Opferbereitschaft seelsorger. und soziale Leistungen, die als einer der frühen Beitrr. zur Lösung der sozialen Frage im 19. Jh. bezeichnet werden können.

W.: Ingedenkbuch der am 13. Juli 1851 eröffneten Kuratie Marienkapelle am Semmering recte im Adlitzgraben, Hss., Pfarramt Schottwien, NÖ.
L.: A. Mandl, Die Staatsbahn von Wien bis Triest, 1856, S. 109f.; Th. H. Mayer, Die Bahn über den Berg, 1928, S. 221ff. (belletrist.); K. Frieberger, Bahnbrecher, 1946, S. 166ff. (belletrist.); F. Loidl, in: Beitrr. zur Wr. Diözesangeschichte 3, 1962, S. 37ff. (mit Quellenverzeichnis); ders., in: Wiss. im Dienste des Glaubens. FS (= Stud. der Wr. Kath. Akad. 4), 1965, S. 126ff.; B. Allmann, in: Die Eroberung der Landschaft. Semmering-Rax-Schneeberg (Kat. des NÖ Landesmus., NF 295), Gloggnitz 1992, S. 504f.; UA Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 89
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