Segel, Benjamin (1866-1931), Schriftsteller, Journalist und Ethnologe

Segel Benjamin, Schriftsteller, Journalist und Ethnologe. Geb. Łopuszna, Bez. Rohatyn, Galizien (Lopušnja, Ukraine), 20. 7. 1866; gest. Piešťany, Tschechoslowakei (Slowakei), 9. 3. 1931. Mos. Bruder von Isaak S. (s. u.). S. genoß in seiner Jugend eine traditionelle jüd. Ausbildung und hörte anschließend an den Univ. in Lemberg (L’viv), Wien und Berlin Naturwiss., Kunstgeschichte und Phil. Er wurde Mitarbeiter der ab 1901 in Berlin erscheinenden Z. „Ost und West“, für die er (unter verschiedenen Ps.) in ihrer 23jährigen Erscheinungszeit die mit Abstand meisten Beitrr.verf. Bes. bekannt waren seine Artikelser. „Das Judenelend in Galizien“, „Der Krieg als Lehrmeister“, „Die polnische Judenfrage“ „Am Tage des Gerichtes“ und „Philosophie des Pogroms“ (die drei letzten wurden auch als Bücher veröff.). Andere Periodika, in welchen er regelmäßig publ., waren „Im Deutschen Reich“, „Der Morgen“, „Der Israelit“ und die „C.-V. Zeitung“. Seinen breiten kulturellen Horizont bewies S. durch seine vielsprachigen Veröff., die nicht nur in dt., sondern auch in hebr., jidd.und poln. Sprache vorliegen. S., der sich auch bes. ethnolog. Fragestellungen annahm, war bestrebt, die Kluft zwischen den „Ostjuden“ und den „Westjuden“ in Form eines „jüdischen Volkstums“ zu überbrücken, das sowohl säkulare Elemente der Aufklärung übernahm, gleichzeitig auch die traditionellen jüd. Werte hochschätzte. Er trat – etwa mit seinem Werk „Die Entdeckungsreise des Herrn Dr. Theodor Lessing zu den Ostjuden“ (1910) – gegen eine undifferenzierte, diskriminierende Beschreibung der „Ostjuden“ auf, wie sie beispielsweise von Theodor Lessing in Form einer Artikelser. in der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ (mit Nachdruck im antisemit. Wr. „Deutschen Volksblatt“) vertreten wurde. Als Kämpfer gegen den Antisemitismus wurde S. mit seinen Publ. „Die Protokolle der Weisen von Zion kritisch beleuchtet. Eine Erledigung“ (1924), einer ersten und tw. noch heute gültigen krit. Bestandsaufnahme dieser Fälschung, und „Welt-Krieg. Welt-Revolution. Welt-Verschwörung. Welt-Oberregierung“ (1926) bekannt. Von Krankheit gezeichnet, verbrachte S., nachdem er lange Zeit in Berlin gelebt hatte, seine letzten Lebensjahre in Wien. S.s Bruder, Dr. med. Isaak S. (geb. Łopuszna, 24. 3. 1879; gest. Wien, 28. 9. 1913), mos., wirkte als Ass. M. Benedikts (s. d.) und Fachjournalist in Wien, wo er u. a. 1907 die populärwiss. MS „Die Medizin für Alle“ begründete und bis zu seinem frühen Tod auch hrsg. und red.

W.: Der Wald, 1914 (Schauspiel); Der Weltkrieg und das Schicksal des jüd. Volkes, 1915; Morija und Golgatha, 1915; Rumänien und seine Juden, 1918; Am Tage des Gerichtes, 1918; Bolschewismus und Judentum, 1924; usw. – Isaak S.: Red.: Medizin. Bll. 26, 1903, Nr. 29–28, 1905, Nr. 26; Österr. Krankenpflege-Ztg. 1–3, 1903–05, Nr. 13; usw.
L.:. Allg. Ztg. des Judentums, 20. 3. 1931; Univ. Jew. Enc.; Wininger; Die Macht der Bilder. Antisemit. Vorurteile und Mythen, Wien 1995, S. 268f. (Kat.); D. A. Brenner, Marketing Identities. The Invention of Jewish Ethnicity in „Ost und West“, (1998), s. Reg.; S. Gronemann, Erinnerungen, Leo Baeck Inst., New York, USA; Central Zionist Archives, Jerusalem, Israel. – Isaak S.: Wer ist’s?, 1906ff; B. Segel, Morija und Golgatha, 1915, Widmung; P. Steines, Hunderttausend Steine, 1993, S. 191; IKG, Wien.
(K. Hödl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 110f.
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