Seib, Wilhelm (1854-1924), Bildhauer, Maler und Architekt

Seib Wilhelm, Bildhauer, Maler und Architekt. Geb. Stockerau (NÖ), 18. 5. 1854; gest. Spannberg (NÖ), 7. 3. 1924. Sohn eines Juristen, Vater des Malers Friedrich Theodor (geb. Wien, 23. 12. 1876), Neffe des Hofzuckerbäckers Franz S., der 1828– 1830 die Graveurschule der Wr. Akad. der bildenden Künste besuchte, und von Josef S., der 1835–36 in der Manufakturblumenzeichnungsschule eingeschrieben war. S. verfügte sowohl über musikal. wie bildner. Talente und besuchte in Wien vorerst die private Kunstgewerbeschule von Karl Schild. Ab 1868 stud. er an der Wr. Akad. der bildenden Künste bei Franz Bauer, 1872–80 bei Kundmann (beide s. d.), dem er u. a. bei der Ausführung des Tegetthoff-Denkmals (Wien 2) assistierte, anschließend soll er eine Stud.Reise nach Rom unternommen haben. In der Folge erhielt er von K. Franz Joseph I. (s. d.) mehrere Aufträge für kleine Bronzegruppen. Bes. Talent zeigte er aber für Reiterdarstellungen. Stilist. blieb er trotz späthistorist. Auflockerung durch die ruhige Monumentalität seines Lehrers Kundmann geprägt und fand keine Brücke zu den radikaleren Strömungen nach 1900. Unter den Bildhauern der Ringstraße nahm er aber eine geachtete Stellung ein, was sogar zu dem, allerdings erfolglosen, Versuch etl. seiner Kollegen führte, ihn für die Nachfolge Kundmanns vorzuschlagen. Das Angebot einer Professur in Prag hatte er schon früher mangels Sprachkenntnissen selbst abgelehnt. Werke größeren Maßstabs blieben ihm trotz mancher Teilerfolge bei Wettbewerben verwehrt. Ledigl. einige kleinere Denkmäler konnte er realisieren, so z. B. Lenau, 1902 (Stockerau), Schiller, 1905 (St. Pölten und Fürstenfeld). Seine bedeutendste Leistung auf diesem Sektor blieb das für das K.Forum bestimmte Modell des Denkmals für Rudolf I. (Bronzestatuette, 1899, Hist. Mus. der Stadt Wien; Gesamtentwurf, 1908, Bundesmobilienverwaltung, Wien), dessen Ausführung sich jedoch Erzhg. Franz Ferdinand (s. d.) entgegenstellte. S., der vornehml. Porträts, Bauplastik, Grabmäler und Kleinplastik schuf, zog sich um 1914 nach Spannberg zurück. Infolge des Krieges, der veränderten Auftragslage und gesundheitl. Probleme vermochte er nach dem Ende der Monarchie als Künstler nicht mehr Fuß zu fassen und verarmte gänzl. 1890 wurde er Mitgl. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), 1911 Prof.

W.: Denkmäler und Bauplastik für Hofburg, Parlament, Rathaus (alle Wien); Des Sängers Fluch, 1875–77, Rudolf von Habsburg und der Priester, 1882 (beide Bundesmobiliendepot, Wien); Gf. Starhemberg, 1886 (Hist. Mus. der Stadt Wien, Wien); K. Maximilian I., 1894 (Kunsthist. Mus., Wien); Grabmäler u. a. am Zentralfriedhof, Wien, in Spannberg und Stockerau; usw.
L.: Czeike; Kosel 1; Thieme–Becker; R. Schmidt, Das Wr. Künstlerhaus ..., 1951, S. 109, 230; M. Pötzl-Malikova, Die Plastik der Ringstrasse. Künstler. Entwicklung 1890–1918 (= Die Wr. Ringstrasse 9/2), 1976, s. Reg.; 600 Jahre Dt.-Ordens-Pfarre Spannberg, hrsg. von K. Seethaler, 1991, S. 87ff.; W. S. Ein Bildhauer der Ringstraßenzeit 1854–1924, Spannberg 1994 (Kat. mit Bild); H. Seethaler, W. S., 1994 (Ms., ÖBL, mit W.); Dt. Biograph. Enz. (DBE) 9, hrsg. von W. Killy und R. Vierhaus, 1998.
(W. Krause)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 115
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