Ševčík, Otakar (1852-1934), Violinist und Violinpädagoge

Ševčík Otakar, Violinist und Violinpädagoge. Geb. Horaždowitz, Böhmen (Horažd’ovice, Tschechien), 22. 3. 1852; gest. Pisek, Böhmen (Písek, Tschechien), 18. 1. 1934. Sohn des Lehrers und Regenschori Josef Š. (1813–1866), der auch sein erster Musiklehrer (Klavier ab dem 6., Violine ab dem 7. Lebensjahr) war. Š. besuchte 1862–65 das Akadem. Gymn. in Prag, wirkte als Vokalist an der Kreuzherrenkirche und stud. bei Vílem Bauer privat das Violinspiel. Ab 1866 Schüler des Prager Konservatoriums, das er 1870 bei Anton Bennewitz mit Beethovens Violinkonzert absolv. 1870–73 lehrte er am Salzburger Mozarteum, war April bis Juni 1873 Konzertmeister am Prager Interimstheater, von November 1873 bis Mai 1874 an der Komischen Oper Wien, dann an der Oper in Charkow (Charkiv), wirkte als Violinist und Dirigent populärer Konzerte in Moskau und schließl. 1875–92 als Violinlehrer am Konservatorium in Kiew (Kyïv). In dieser Zeit hat Š. zielbewußt sein pädagog. System aufgebaut. 1892 kehrte er nach Prag zurück und wurde Prof. des Violinspiels am Prager Konservatorium, war 1901–09 Leiter von dessen Violinkl. und Vors. der Staatsprüfungskomm., 1919–21 Leiter der Meisterschule. Bereits 1908–19 leitete Š. die Meisterschule für Violine am Wr. Konservatorium der Ges. der Musikfreunde (bzw. Akad. für Musik und darstellende Kunst). Für seine große Zahl von Privatschülern richtete er spezielle Kurse ein, die er zuerst in Prachatitz (Prachatice), ab 1907 ständig in Pisek veranstaltete; er wirkte pädagog. auch kurzfristig (1901–02) in Ithaca (N. Y.). 1925 setzte er sich zur Ruhe, leitete aber weiterhin Meisterkurse in Chicago, New York und Boston (1931–32), in England (1933), 1929 und 1930 auch in Mondsee (OÖ). Als Beweis für die pädagog. Erfolge Š.s dient das Konzert seiner 74 Schüler 1904, bei dem u. a. Paganinis Moto perpetuo im Unisono vorgetragen wurde. Der Schwerpunkt seines Unterrichts, der sich v. a. auf die techn. Seite des Violinspiels konzentrierte (was ihm zuweilen zum Vorwurf gemacht wurde), lag in der Ausarbeitung eines log. Systems, das die psychomotor. Elemente des Spiels berücksichtigte. Die Grundlage seiner Methode bestand in der Ausbildung der linken Hand, und zwar durch Übung des Halbtonspiels (nicht, wie übl., durch die diaton. Skala). Zu den berühmtesten Schülern Š.s, des „wohl erfolgreichsten Geigenlehrers Europas“ (Wagner), zählten u. a. Kubelík, J. Kocián (beide s. d.), Erica Morini, Pavel Kochański, Efrem Zimbalist, Wolfgang Schneiderhan und Alma Rosé (s. u. Rosé A. J.) sowie die späteren Dirigenten František Stupka und Václáv Talich.

W.: Böhm. Tänze und Weisen für Violine und Klavier, op. 10; etc.; zahlreiche Schulwerke und analyt. Stud., z. Tl. mehrfach aufgelegt.
L.: ČHS; Grove, 2001; MGG; Riemann, 12. Aufl.; Hudební listy 1, 1870, S. 169ff.; J. Vymětal, O. Š. a jeho houslavá metoda, 1904; Š. Suchý, in: Hudební revue 2, (1909), S. 172ff.; J. Branberger, Das Konservatorium für Musik in Prag, 1911, s. Reg.; P. Stoeving, A Key to Š.s Works, 1914; A. Moser, Geschichte des Violinspiels 2, 2. Aufl. 1967, s. Reg.; C. Flesch, The Art of Violin Playing, 1924, bes. S. 115ff.; W. J. v. Wasiliewski, Die Violine und ihre Meister, 1927, s. Reg.; A. Lualdi, Viaggio musicale in Europa, 1929; K. Hoffmeister, in: Konzervatoř Praha. Výroční zpráva za školní rok 1931–32, 1932, S. 3ff.; L. Vycpálek, in: Tempo 11, 1932, S. 16ff., 231f., 241ff.; J. Branberger, in: Der Auftakt 12, 1932, S. 178ff.; A. Pellegrini, ebd. 14, 1934, S. 146ff.; Konzervatoř Praha. Výroční zpráva za rok 1933–34, 1934, S. 75ff.; J. Kocian, in: Sborník na pamět’ 125 let Konzervatoře, ed. V. Blažek, 1936, S. 380ff.; F. Žídek, Přehledné dějiny českého houslového umění, 1940, bes. S. 75ff.; V. Nopp, Prof. O. Š., 1948; O. Š., ed. J. Dostál – V. Šefl, 1953; R. Budiš, Slavní čeští houslisté, 1966, S. 110ff.; ders., Housle v proměnách staleti, 1975, S. 79ff.; F. Žídek, Čěstí houslisté tří století, 1979, s. Reg.; H. und K. Blaukopf, Die Wr. Philharmoniker, 1992, s. Reg.; K. Wagner, Das Mozarteum, 1993, s. Reg.
(V. Reittererová)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 203
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