Seydelmann, Armin (1872-1946), Schauspieler und Schauspiellehrer

Seydelmann Armin, Schauspieler und Schauspiellehrer. Geb. Warmbrunn, Preußen (Jelenia Góra-Cieplice Zdrój, Polen), 9. 11. 1872 (1875); gest. Wien (?), 1946; evang. AB. Enkel des Schauspielers und Regisseurs Carl S. (geb. Glatz, Preußen / Kłodzko, Polen, 24. 4. 1793; gest. Berlin, 17. 3. 1843), ab 1906 verehel. mit der Schauspielerin Susanne (Susi) S., geb. von der Osten (geb. Dresden, Sachsen/Dtld. 29. 5. 1884), die 1910–23 am Wiener Burgtheater engag. war, wo sie in meist kleineren Rollen auftrat. S., der seine Ausbildung bei Heinrich Oberländer in Berlin erhalten hatte, stand ab 1894 auf der Bühne. Als jugendl. Held und Liebhaber spielte er zunächst am Hoftheater Coburg-Gotha, später u. a. in Barmen-Elberfeld, Erfurt und Bremen, wo er ins Fach der Helden und Heldenväter wechselte. Vom Hoftheater Stuttgart wurde er durch Paul Schlenther (s. d.) an das Wr. Burgtheater verpflichtet, dem er 1907–32 angehörte und dessen Ehrenmitgl.er war. Er trat hier in über 200, zumeist kleineren Rollen auf. Zu seinem Repertoire zählten u. a. Stauffacher und Walther Fürst in „Wilhelm Tell“, Alba in „Don Carlos“, Octavio Piccolomini und Isolani in „Wallenstein“, der alte Merenberg in Grillparzers (s. d.) „König Ottokars Glück und Ende“, Leontes in Shakespeares „Ein Wintermärchen“, Horatio in „Hamlet“ und der „alte Huhn“ in Gerhart Hauptmanns „Und Pippa tanzt“. Neben seiner Arbeit am Theater war S. auch pädagog. tätig. Er unterrichtete 1908–11 an der Schauspielschule Otto und ab 1912 bis zu seiner Pensionierung 1933 an der Akad. für Musik und darstellende Kunst in Wien. Unter den mehr als 250 Schülern S.s, dem 1915 der Prof.titel verliehen wurde, befanden sich u. a. Oskar Homolka, Stella Kadmon, Karl Paryla und Reinhold Siegert. Vor dem Hintergrund des damals bestehenden Bühne-Film-Konflikts bemerkenswert ist die Mitwirkung S.s an 17 österr. Stummfilmen, darunter „Durch die Quartiere des Elends und Verbrechens“ (1920) nach der literar. Vorlage Klägers (s. d.), der auch das Drehbuch verf., und „Die Stadt ohne Juden“ (1924) nach dem gleichnamigen Roman Bettauers (s. d.), worin S. das „Oberhaupt der Staatskirche“ verkörperte. Neben anderen Ausz. wurde S. 1927 als einzigem österr. Schauspieler seiner Zeit der Titel Reg.Rat verliehen.

L.: Dt. Bühnen-Jb. 45, 1934, S. 76; Alth, Burgtheater, s. Reg.bd., S. 307; Kosch, Theaterlex. (auch für Carl und Susanne S.); Ulrich; R. Lach, Geschichte der Staatsakad. und Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, 1927, S. 87, 89, 113, 117; Die Stadt ohne Juden, ed. G. Geser – A. Loacker, 2000, S. 203; Archiv der Univ. für Musik und darstellende Kunst, Filmarchiv Austria, beide Wien.
(E. Offenthaler)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 56, 2002), S. 205f.
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