Siegmund, Wilhelm d. J. (1821-1897), Funktionär, Politiker, Industrieller und Botaniker

Siegmund Wilhelm d. J., Funktionär, Politiker, Industrieller und Botaniker. Geb. Reichenberg, Böhmen (Liberec, Tschechien), 7. 5. 1821; gest. ebd., 18. 11. 1897; röm.-kath. – Sohn von Wilhelm d. Ä., Neffe von Franz Florian S., Bruder von Franz v. S. d. Ä. (alle s. d.), Vater von Gustav S. (s. u.). S., der ab etwa 1840–64 Teilhaber des väterl. Textilunternehmens Wilhelm Siegmund war, nahm ab 1848 im polit. und öff. Leben Reichenbergs eine prominente Rolle ein. 1864–85 Mitgl. des Stadtverordnetenkollegiums, eine Zeit lang Ortsschulaufseher und ab Juni 1870 Stadtrat, war er ab Juli desselben Jahres bis 1872 Bgm. seiner Heimatstadt. Daneben setzte S. aber auch wichtige Impulse für das städt. Ver.leben: So war er 1848 einer der Mitinitiatoren des Naturforschenden Ver. für Reichenberg und Umgebung (ab 1850 Ver. der Naturfreunde), ab Mai 1849 Referent der naturwiss. Sektion, 1869–70 Präs., i. d. F. Ehrenmitgl. und Ehrenpräs. des nach einer längeren Phase der Stagnation auf Grund von S.s Initiative wiederhergestellten Ver., dem S. reiche botan. und zoolog. Smlgg. – er hatte sich insbes. als Sammler von Moosen, Algen, Pilzen, Flechten und Farnen einen Namen gemacht – hinterließ. Bereits in den Jahren ab 1858 Ver.rat, 1880–86 Obmann des Reichenberger Gewerbever., hatte S. bedeutenden Anteil an der Förderung des Reichenberger Gewerbewesens, auch leistete er einen wesentl. Beitr. zur Etablierung des Nordböhm. Gewerbemus., dessen Kustos (1880), Präs. (1882–93) und Ehrenkurator er war. S.s Sohn Gustav S. (geb. Reichenberg, 8. oder 10. 6. 1872; gest. Wien, 14. 8. 1932), röm.-kath., war bis 1897 als Berufsoff. tätig, zuletzt beim IR 52 als Oblt., und widmete sich dann der Landwirtschaft. Er bewirtschaftete sein Gut im Oberdreihöfen (Horní Záhoří) und war in zahlreichen landwirtschaftl. Hauptkörperschaften sowie in Gmd.- und Bez.vertretungen in Böhmen tätig, u. a. ab 1909 als Obmann des landwirtschaftl. Bez.verbands Luditz. 1903–17 Ausschußmitgl. des Landeskulturrats für Böhmen, war Gustav S. 1909–13 Abg. zum böhm. LT. 1916/17 ging er nach Wien und war 1917 u. a. Konsulent des Ackerbaumin. In diversen landwirtschaftl. Vereinigungen tw. in Spitzenpositionen tätig, erwarb er sich auch in der Republik Österr. Verdienste um das Agrarwesen, insbes. auf dem Gebiet der Saatgutzüchtung. 1925 Ökonomierat.

L.: Reichenberger Ztg., 19., 20. 11. 1897; Großind. Österr. I/4, S. 137; Lex. böhm. Länder; E. Tobisch, Der Gewerbever. der Stadt Reichenberg, 1875, passim; FS zur Feier des 50jährigen Bestandes des Gewerbever. der Stadt Reichenberg ..., (1891), S. 22, 27; F. Matouschek, in: Mitth. aus dem Ver. der Naturfreunde in Reichenberg 30, 1899, S. 1ff. (m. B.); K. Hübner, ebd., S. 25, 28f., 31, 44; Botanik und Zool. in Österr. ... 1850–1900, 1901, S. 112; A. F. Ressel, Heimatskde. des Reichenberger Bez. 1, 1903–04, S. 391, 394f., 509ff. (m. B.), 651; Heimatkde. des Bez. Reichenberg in Böhmen 4, ed. E. Gierach u. a., 1938, bes. S. 233; R. Gränzer, Reichenberg, 1974, S. 58f., 354, 365; F. Hantschel, Biographien dt. Industrieller aus Böhmen, o. J., S. 75. – Gustav S.: NWT, 17., Neues Wr. Journal, 18. 8. 1932; Jb. der Wr. Ges.; Lex. böhm. Länder; Lišková; KA, WStLA, beide Wien.
(E. Lebensaft)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 248f.
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