Silberer, Franz (1871-1912), Politiker und Gewerkschafter

Silberer Franz, Politiker und Gewerkschafter. Geb. Knittelfeld (Stmk.), 7. 11. 1871; gest. am Hundstein (Sbg.), 6. 1. 1912 (Unfall). – Sohn eines Bäckermeisters. Nach fünf Klassen Volksschule ging S. als Bäckerlehrling auf mehrjährige Wanderschaft und schloß sich in Graz der Arbeiterbewegung an. 1893 wurde er in diesem Zusammenhang wegen polit. und pressegesetzl. Delikte des Hochverrats angeklagt und saß insgesamt vier Monate in Untersuchungshaft, bis das Verfahren mangels an Beweisen eingestellt wurde. Nach seinem Eintritt in die Ankerbrotfabrik in Wien, 1896, wurde er 1898 Gehilfenobmann der Wr. Bäckergenossenschaft und zunächst Red. der Z. „Zeitgeist“, später des Gewerkschaftsorgans der Bäckereiarbeiter, „Bäcker-Zeitung“. Als Gewerkschafter setzte er zahlreiche Initiativen zur Verbesserung der notor. schlechten Arbeits- und Lohnbedingungen im Bäckergewerbe, so erzwang er die Abschaffung des Kost- und Logiszwanges und setzte die Abhaltung einer Enquete zur Frage der Arbeitszeitregelung durch. 1911 als sozialdemokrat. Abg. in den RR gewählt, wurde S., ein begeisterter Bergsteiger, jedoch bereits im Jänner 1912 Opfer eines Lawinenunglücks am Hundstein nahe Zell am See. Da sein Leichnam zunächst nicht gefunden wurde, begann die „Reichspost“ eine großangelegte Verleumdungskampagne, die im wesentl. unterstellte, S. sei mit den ihm anvertrauten Kassengeldern nach Amerika geflüchtet. Sein Leichnam wurde schließl. Anfang Juni 1912 aufgefunden. An die 100.000 Menschen gaben ihm anläßl. seines von der Bäckergewerkschaft aufwendig inszenierten Begräbnisses das letzte Geleit.

L.: AZ, NFP, 4. 6. 1912; Bourdet; H. Berka, Berühmte Lebensmittelarbeiter, 1959, S. 135ff. (m. B.); Archiv. Mitt.bl. des Ver. für Geschichte der Arbeiterbewegung 2, 1962, H. 2, S. 31ff. (m. B.); Mitt. Bruno Sokol (†), Wien.
(W. Maderthaner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 260f.
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