Simandl, Franz (1840-1912), Kontrabaßvirtuose und -lehrer

Simandl Franz, Kontrabaßvirtuose und -lehrer. Geb. Blatna, Böhmen (Blatná, Tschechien), 1. 8. 1840; gest. Wien, 13. 12. 1912; röm.-kath. – S. stud. 1854–60 am Prager Konservatorium u. a. bei Josef Hrabě Kontrabaß und bei J. F. Kittl (s. d.) Musiktheorie; ein Abschluß ist nicht nachweisbar. 1858 trat er erstmals als Solist bzw. in Streichquartetten öff. auf, wobei er bei letzteren die Cellopartien auf dem Kontrabaß interpretierte. 1860–68 leistete er Militärdienst und war mit der Kapelle des IR 11 u.a. in Triest (Trieste) und Linz stationiert. In Triest war er daneben Chormeister des Gesangsver. Concordia, in Linz wirkte er in symphon. Konzerten bzw. im Theaterorchester mit und trat auch als Sänger hervor. 1869 wurde er ins Wr. Hofopernorchester aufgenommen, 1870 Lehrer am KdM, 1871 Prof. (bis 1910). Als solcher übernahm er Hraběs Unterrichtsmethoden, bis er 1873– 75 seine eigene, noch heute als grundlegend geltende Kontrabaßschule schrieb, in der er durch Änderung bzw. Verbesserung der Spieltechnik („Simandl-Bogen“ und Untergriff) auf die gestiegenen Ansprüche der Komponisten seiner Zeit reagierte. Sein Ruf als Lehrer war hervorragend, im Jahr 1913 waren alle Kontrabassisten der Wr. Philharmoniker aus seiner Schule hervorgegangen. Er selbst war 1869–1904 Mitgl. der Philharmoniker, 1892–99 Mitgl. ihres Komitees und 1899–1903 Obmann (= Vorstand), als solcher der erste, der aus dem Orchester selbst stammte. Als bester Kontrabassist seiner Zeit (Zeitgenossen stellten seine Kunst sogar über die von Giovanni Bottesini) unternahm er immer wieder Konzertreisen durch Europa. 1875 begannen seine Kontakte mit Richard Wagner und Bayreuth (u. a. 1882 Mitwirkung an der ersten Auff. des „Parsifal“). Er spielte außerdem ab 1869 (Exspektant 1874) in der Wr. Hofmusikkapelle und war 1883–1909 deren w. Mitgl. S. war 1875–90 auch Hauptorganisator des Musiklebens der Tschechen in Wien: Er dirigierte 25 Jahre lang die Konzerte des Ver. Slovanská beseda, war langjähriger Funktionär des Zpěvácký spolek slovanský (Slaw. Gesangsver.), Mitgl. u. a. des Gesangsver. Lumír und des Wr. Sokol.

W. (auch s. u. Pazdírek): Kirchenmusik (u. a. eine „Pastoralmesse“); Chöre; Lieder; Konzert für Kontrabaß, op. 75; 2 Divertissements für Kontrabaß und Klavier, op. 30; Solo- und Konzertstücke für Kontrabaß; etc. – Publ.: Neueste Methode des Kontrabaß-Spieles, 2 Tle., 1874–75; Die hohe Schule des Kontrabaß-Spieles, 9 Tle., 1890–1903; etc.
L.: NFP, 13. (A.), 18., Voss. Ztg., 20., Vídeňský denník, 25. 12. 1912; ČHS; Pazdírek; B. Lvovský, in: Dalibor 12, 1890, S. 298ff.; Internationale Musik-Ztg. 3, 1894, Nr. 11 (m. B.); Neue Musikal. Presse 13, 1904, S. 338; Oesterr. Musiker-Ztg. 20, 1912, S. 418; Dalibor 35, 1913, S. 93, 101f.; Th. Kretschmann, „Etc.“ (= ders., Tempi passati 2), 1913, S. 221ff.; O. Manoušek, in: Dunaj 18, 1941, S. 133ff.; Th. Antonicek, Die Stände der Wr. Hofmusik-Kapelle ... (= Stud. zur Musikwiss. 29), 1978, S. 191; A.Planyavsky, Geschichte des Kontrabasses, 2. Aufl. 1984, s. Reg. (m. B.); C. Hellsberg, Demokratie der Kg., 1992, s. Reg.; J. Focht, Der Wr. Kontrabaß, 1999, s.Reg.; Lex. zur dt. Musikkultur. Böhmen, Mähren, Sudetenschlesien 2, 2000.
(Ch. Fastl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 274
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