Sommariva, Giovanni Battista (1760-1826), Politiker und Kunstsammler

Sommariva Giovanni Battista, Politiker und Kunstsammler. Geb. Lodi, Mailand (Italien), 1760; gest. Mailand, Lombardo-Venetien (Milano, Italien), 6. 1. 1826. –Aus ärml. Verhältnissen stammend, entfernt mit der Adelsfamilie S. verwandt. S. soll zunächst eine Friseurlehre absolv. haben, ehe er Jus in Mailand stud. und dort i. d. F. als Advokat erfolgreich tätig war. Schon unter österr. Herrschaft polit. in Erscheinung getreten, schloß er sich jedoch 1796 nach dem Einmarsch der Franzosen in Mailand den nach-revolutionären Ideen Napoleons an und wurde mit leitenden polit. Ämtern in Mailand betraut. Als die Stadt 1799 kurzfristig von österr. und russ. Truppen zurückerobert wurde, zog er sich nach Frankreich zurück. Nach seiner Rückkehr wurde er 1800 Präs. der ao. Regierungskomm. der Zisalpin. Republik und regierte als Verantwortlicher für Finanzen, Verwaltung, Militär und Erziehungswesen mit nahezu uneingeschränkter Macht. S. trat für die Wiedereröffnung der Univ. Pavia und der Accad. di Belle Arti di Brera in Mailand ein und unterstützte die städteplaner. (jedoch nicht verwirklichten) Ideen von Gianantonio Antolini in Mailand. Durch fragwürdige finanzielle Transaktionen gelang es ihm, ein großes Vermögen anzuhäufen, was Unmut in der Bevölkerung hervorrief. Daher verließ S. 1802 die polit. Bühne und widmete sich nunmehr vorwiegend seiner kunstsammler. Tätigkeit. Bereits 1801 hatte er die Villa Clerici (später Villa Carlotta) in Tremezzo am Comer See erworben, die er 1815–17 umbauen ließ. Dort, wie auch ab 1805 in seinen französ. Domizilen in Paris und Montmorency, stellte er Bilder und Skulpturen von italien. und französ. zeitgenöss. Künstlern wie Luigi Antonio Acquisti, Canova (s. d.) oder Jacques Louis David aus. Als das Dekret Napoleons zur Enteignung kirchl. Güter konzipiert wurde, erhielt S. von der Brera und dem Vatikan den Auftrag, für den Verbleib vieler Kunstwerke in oder deren Rückkehr nach Italien zu sorgen. Daher wurde er 1802 von Papst Pius VII. zum vatikan. Generalinsp. der Künste ernannt. Als erfahrener Kunstexperte konnte er zahlreiche wertvolle Kunstwerke zurückkaufen, wie z. B. 1812 die Reliefs von Bertel Thorvaldsen, die für den Palazzo del Quirinale bestimmt waren (heute in der Villa Carlotta). Als eine der prestigeträchtigsten Residenzen ihrer Zeit wurde S.s Villa in Tremezzo von Schriftstellern und Reisenden aus ganz Europa besucht. S. galt als wichtigster Mäzen italien. Kunst in Frankreich und als einer der führenden Kunstsammler seiner Zeit. Seine Smlgg. trugen zur wechselseitigen Beeinflussung der französ. und der italien. Schule bei.

L.: Kunst-Bl., 23. 6. 1826; Wurzbach (s. u. Hannibal S.); A. Ottino Della Chiesa, Villa Carlotta, 1962; G. Hubert, La sculpture dans l’Italie napoléonienne, 1964; F. Haskell, An Italian patron of French neo-classic Art, 1972; ders., in: The Burlington Magazine 114, 1972, S. 691ff. (m. B.); G. Galletti, in: Mostra dei Maestri di Brera (1776–1859), Milano 1975 (Kat.); F. Mazzocca, Villa Carlotta, 1983; The Dictionary of Art 29, 1996; Archivio di Villa Carlotta, Tremezzo, Archivio di Stato Milano, Milano, beide Italien.
(F. Spalla)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 409f.
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