Sommer, Leopold (1812-1880), Buchdrucker

Sommer Leopold, Buchdrucker. Geb. Kleinzell (NÖ), 15. 10. 1812; gest. Wien, 7. 4. 1880. – S. erlernte das Buchdruckerhandwerk in der Fa. seines Onkels Anton Strauß, die ab 1827 von dessen Witwe Magdalena weitergeführt wurde und die er, 1831 freigesprochen, unter dem Namen A. Strauß’s sel. Witwe & Sommer-Offizin 1836 als Faktor und Geschäftsführer übernahm. Neben Werken in Blindenschrift brachte er bes. auch latein., italien., griech., türk. und pers. Drucke in sorgfältiger typograph. Ausführung heraus. Trotz Widerständen seitens der Eigentümerin erneuerte und erweiterte S. den Betrieb und stellte bereits 1837 eiserne Hand- und Schnellpressen auf. Nach dem Tod von Magdalena Strauß 1845 erbte er die Buchdruckerei in Alservorstadt (Wien 9) mit 13 Pressen samt Verlagsgeschäft in der Wr. Innenstadt und einer Papierfabrik in Unterwaltersdorf. 1842–47 errichtete S. eine neue, dreistöckige Buchdruckerei samt Schriftgießerei und Einrichtungen für Stempelschnitt und Schriftschneiden, lithograph. Anstalt und chromolithograph. Atelier nach Vorbild der dt. Brockhausschen Offizin. Zusätzl. führte S. 1848 als erster Privatdrucker Wiens Dampf zum Antrieb der Schnellpressen ein. Obwohl Anfang 1848 zum Hofbuchdrucker ernannt, druckte S. in diesem Jahr auch regierungsfeindl. Druckwerke (was zur Aberkennung seines Hoftitels führte), wobei weniger seine polit. Ansichten als die Gewinnabsicht eine Rolle gespielt haben dürfte. S. war auch der erste, der eine Morgen- und Abendausg. für ein polit. Tagesjournal („Der Oesterreichische Beobachter“ bzw. „Allgemeine Österreichische Zeitung“) erscheinen ließ. Durch den starken Rückgang gedruckter Bll. in der Ära des Neoabsolutismus erlitt S. wesentl. finanzielle Einbußen, die durch den Kauf der Pappefabrik zu Guggenbach noch vergrößert wurden. Angesichts der staatlicherseits behinderten und finanziell unergiebigen wiss. und literar. Produktion kam auch der Werkdruck fast vollständig zum Erliegen. S. gelang jedoch Ende der 50er Jahre eine Konsolidierung u. a. durch die Zunahme des Kal.wesens, den Druck von Ztg. in ung. Sprache (u. a. „Magyar Sajtó“), des wöchentl. erscheinenden Witzbl. „Der Kikeriki“ (ab 1861)und der kulturhist. bedeutsamen, drucktechn. aber einfachst gestalteten „Hans-Jörgl-Briefe“ (bis 1874). Ab 1868 firmierte S. gem. mit seinem Stiefsohn Emil Hochenadel, der die Druckerei unter der Fa. Leopold Sommer & Comp. leitete. Neue Z., wie die Witzbll. „Die Bombe“ (1870–81)und „Der Floh“ (1872–81), sowie Drucksorten für nahezu sämtl. Eisenbahnunternehmen der Monarchie und für die Gmd. Wien ergaben eine so gute Geschäftslage, daß S. 1871/72 die Fa. als AG durch ein umfangreiches Betriebsgebäude in Wien 9 vergrößerte. Infolge des Börsenkrachs von 1873 ging S.s Unternehmen, das zu diesem Zeitpunkt 47 Pressen und 160 Arbeiter umfaßte, Ende 1875 in Konkurs und wurde 1877 an Johann Nep. Vernay, den Schwager Hochenadels, im Exekutionsweg verkauft.

L.: Großind. Österr. I/6, S. 157; Wurzbach (s. u. Johann Gottfried S.); J. A. v. Helfert, Die Wr. Journalistik im Jahre 1848, 1877, S. 60, 273f.; Denkschrift der Fa. Vernay anläßl. ihrer 50–Jahr-Feier, 1879; A. Mayer, Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882, 2, 2. Aufl. 1887, s. Reg. (m. B.); G. Fritz, Geschichte der Wr. Schriftgießereien seit Einführung der Buchdruckerkunst im Jahre 1482 ..., 1924, S. 69, 82f. (m. B.); A. Durstmüller d. J. – (N. Frank), 500 Jahre Druck in Österr. 1, 1981, s. Reg., 2, 1985, s. Reg.
(M. Martischnig)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 414
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