Somssich, Pál (1811-1888), Politiker

Somssich Pál, Politiker. Geb. Sárd (Somogysárd, Ungarn), 13. 1. 1811; gest. Budapest (Ungarn), 5. 3. 1888. – Sohn von Miklós S. (s. u.). S. absolv. seine Schulausbildung in Fünfkirchen (Pécs) und Kaposvár, die phil. Jgg. in Pest (Budapest) und seine jurist. Ausbildung in Raab (Győr). Danach praktizierte er bei seinem Onkel, dem Vizepalatin Pongrác Gf. S. (1788–1849), dessen Einfluß für S. prägend sein sollte, und wurde Notar des Kom. Somogy, das er 1834–44 im ung. LT vertrat. Anschließend in die Statthalterei berufen, schloß er sich 1847 als konservativer Abg. der gemäßigten Reformpartei an. Im LT von 1847–48 war er einer der Führungspersönlichkeiten dieser polit. Richtung und stand bes. in Opposition zu Kossuth (s. Kossuth v. Udvard und Kossut L.), trat jedoch 1848 nicht öff. in Erscheinung. Infolge der Auflösung der Statthalterei verlor er seine Stelle, lehnte aber nach 1849 eine Rückkehr in ein staatl. Amt ab und widmete sich privaten Stud. Seine 1850 erschienene dt.sprachige Schrift über den Schutz der Verfassung, „Das legitime Recht Ungarns und seines Königs“, umgab den bis dahin unpopulären S. allerdings plötzl. mit dem Nimbus des Patriotismus. In diesem Werk sowie in seinen Ztg.artikeln wandte sich S. gegen den neoabsolutist. Zentralismus und befürwortete die Wiederherstellung der alten ung. Verfassung. Ab 1861 bzw. ab 1867 war S. auf parlamentar. Ebene als Abg. und stellv. Vors. der Deák-Partei präsent, deren Fusion mit der Links-Mitte-Partei unter Kálmán Tisza er befürwortete. U. a. sprach er dem Konkordat von 1855 die Rechtsverbindlichkeit für Ungarn ab. Ab 1867 war S. Vizepräs., 1869–72 Präs. des Abg.hauses, 1872 trat er aus der Regierungspartei aus, da er die Anleihenpolitik der Regierung scharf verurteilte. Gegen seinen Willen wurde S. jedoch erneut gewählt und war dann auch 1875–78 und 1884–87 im ung. Abg.haus vertreten, wo er in Opposition zur Regierung Tisza stand, die deshalb seine Ernennung ins Magnatenhaus (1887) betrieb. S. rief zahlreiche kulturelle und soziale Initiativen, sowohl auf staatl. als auch lokaler Ebene, ins Leben, er initiierte die Neugründung des Gymn. von Kaposvár, war Mitbegründer der Ersten ung. allg. Assekuranz-Ges. (ab 1876 Vizepräs., ab 1878 Präs.), Mitgl. der Aufsichtskomm. des Bodenkreditinst. und Präs. des Ökonomenklubs. Als Präs. des Csángó-Ver.machte er sich um die Repatriierung der in Rumänien ansässigen Csángó-Magyaren verdient. Sein Vater, Miklós S. (geb. Sárd, 6. 12. 1784; gest. ebd., 19. 12. 1870), stud. Jus in Fünfkirchen. Nach einer Beamtenlaufbahn war er 1813–15 Vizegespan des Kom. Somogy und 1817–48 Vors. des Waisenstuhls. Ferner wurde er mehrmals als Vertreter des Kom. Somogy zum Preßburger LT entsandt, wo er als einer der Führer der liberalen Opposition auch heftige Auseinandersetzungen mit seinem konservativ eingestellten Sohn hatte. Er gehörte zu den Initiatoren moderner landwirtschaftl. Methoden in Ungarn und führte sein eigenes Gut als Musterbetrieb. Gem. mit seinem Sohn war er Gründer des Ung. Landwirtschaftsver., als dessen Präs. er ab 1866 fungierte.

W.: s. u. Szinnyei; Új Magyar irodalmi Lex.
L.: NFP, 27. 8. 1865; Pester Lloyd, 5.–8. 3. 1888; Budapesti Hírlap, 1906, S. 354; Das geistige Ungarn; M. Életr. Lex. (m. B.); Pallas; Révai; Szinnyei (m. W. und L.); Wurzbach (s. Somsich Paul); J. Újváry, Saárdi S. P., 1936; L. Véssey – A. Somssich, S. P. élete és működése, 1944; Új Magyar irodalmi Lex. 3, 1994 (m. W.); Magyar Nagylex. 16, 2003; Mitt. Elisabeth Fábián-Kiss, Budapest, Ungarn. – Miklós S.: Pester Lloyd, 21. 12. 1870 (A.); M. Életr. Lex.; Pallas; Szinnyei; Magyar Nagylex. 16, 2003.
(Cs. Szabo – K. Kapronczay)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 417f.
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