Späth, Ernst (1886-1946), Chemiker

Späth Ernst, Chemiker. Geb. Bärn, Mähren (Moravský Beroun, Tschechien), 14. 5. 1886; gest. Zürich (Schweiz), 30. 9. 1946. – Sohn eines Huf- und Wagenschmieds. Nach Absolv. der Realschule in Sternberg (Šternberk) stud. S. ab 1906 Naturwiss. an der Univ. Wien, zunächst mit der Absicht, Mittelschullehrer zu werden, ehe er sich für eine universitäre Laufbahn als Chemiker entschied; 1910 Dr. phil. Im Anschluß daran begann S. mit Arbeiten zur physikal. und anorgan. Chemie, wandte sich dann aber mehr und mehr der organ. Chemie zu. 1917 Habil. für das Gesamtgebiet der Chemie, 1921 ao. Prof. an der Univ. Wien. Ab 1924 o. Prof., leitete S. mehr als zwanzig Jahre das 2. Chem. Inst. in Wien. Er beeinflußte die Entwicklung der organ.-chem. Forschung in Österr. maßgebl., war 1932/33 Dekan, in der problemat. Amtsperiode 1937/38 Rektor der Univ. Sein Hauptarbeitsgebiet waren die Naturstoffe, speziell interessierten ihn die Pflanzenalkaloide. Seine ersten Untersuchungen galten der Kl. der Isochinolinalkaloide. In den Substanzen Oxyacanthin und Curin (einem Bestandteil des Pfeilgifts Curare) erkannte er zwei Verbindungen, die sich von Benzylisochinolin ableiten. Er konnte das Hauptalkaloid des Schöllkrauts, das Chelidonin, durch eine Strukturformel charakterisieren. Auch für das Tacettin, ein Alkaloid der Narzisse, schlug S. eine Formel vor. Insgesamt gelang ihm die Konstitutionsaufklärung von über 120 Pflanzeninhaltsstoffen. Es ging dabei v. a. um Alkaloide aus Kakteen, aus dem Goldregen, aus Tabak und Opium. Seine Arbeiten über Cytisin und Cytisolin waren ausschlaggebend für seine Ausz. mit dem Ignaz-Lieben-Preis 1920. I. d. F. untersuchte S. insbes. die Stoffkl. der Cumarine. Von seinen zahlreichen Synthesen hat die des Papaverins techn. Anwendung gefunden. Seine Formel des Meskalins soll nicht unwesentl. das Interesse an dieser Droge gefördert haben. S. gilt als Begründer der Mikrohochvakuumsublimation und -destillation und war Hrsg. der „Monatshefte für Chemie“. Er war Mitgl. zahlreicher in- und ausländ. wiss. Ges. und Ver., ab 1926 w. M. der Österr. Akad. der Wiss. (1938–45 Generalsekretär, 1945–46 Präs.), ab 1938 Ehrenmitgl. des Verbands Österr. Chemiker, erhielt 1933 die Lavoisier-Medaille der Société Chimique de France, 1937 die Liebig-Medaille des Verbands Dt. Chemiker, die Hofmann-Medaille der Dt. chem. Ges. und die Exner-Medaille des Nö. Gewerbever. sowie 1939 die Silberne Gedenkmünze der Med. naturwiss. Ges. Jena.

W.: s. u. Poggendorff 6.
L.: Czeike; Emődi; Jb. der Wr. Ges.; Kürschner, Gel.-Kal., 1935, 1941; Poggendorff 6 (m. W.), 7a; Wer ist’s?, 1935; E. H. Buschbeck, Wiss. der letzten 150 Jahre in Österr., 1947, S. 14; F. Wessely, in: Österr. Chemiker-Ztg. 48, 1947, S. 57ff. (m. B.); ders., in: Almanach Wien 97, 1948, S. 305ff. (m. B.); ders., in: Österr. Naturforscher und Techniker, 1950, S. 55ff. (m. B.); E. Cermak, Beitrr. zur Geschichte des Lehrkörpers der Phil. Fak. der Univ. Wien zwischen 1938 und 1945, phil. Diss. Wien, 1980, S. 306ff.; A. Kernbauer, Das Fach Chemie an der Phil. Fak. der Univ. Graz (= Publ. aus dem Archiv der Univ. Graz 17), 1985, s. Reg.; G. Ludwig, in: Altvater Jb., 1986, S. 75f.; G. Pohl u. a., in: Chemie in Österr. 100 Jahre Ges. Österr. Chemiker, ed. P. Markl, 1997, S. 115ff.; UA, Wien.
(R. W. Soukup)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 444
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