Speyer(-Ulmann) Agnes, Malerin, Graphikerin und Bildhauerin. Geb. Wien, 23. 12. 1875; gest. New York, N. Y. (USA), 1. 4. 1942; mos. Tochter des Textilfabrikanten und ersten jüd. Laienrichters in Wien, Albert Speyer (geb. Breslau, Preußen / Wrocław, Polen, 8. 4. 1836; gest. Abbazia, Istrien / Opatija, Kroatien, 25. 3. 1905), ab 1910 mit dem Richter und späteren Oberlandesgerichtsrat Emil Ulmann (geb. Fürth, Bayern/Dtld., 23. 3. 1870; gest. New York, 8. 12. 1947) verehel. Nach Absolv. der Wr. Allg. Zeichenschule von F. Pönninger (s. d.) und Malunterricht im Atelier von Imre Révész besuchte S. 1901–03 in Paris – wo sie Rilke (s. d.) kennenlernte – die Acad. Julian, die Acad. Ranson sowie die Ateliers der Bildhauer Aristide Maillol und Auguste Rodin. 1901–07 stud. sie an der Wr. Kunstgewerbeschule Bildhauerei bei Franz Metzner und Malerei bei Koloman Moser (s. d.). In diesem Zeitraum veröff. S. künstler. Beitrr. in der Kunstz. „Die Fläche“, lieferte 1906 Illustrationen zu J. A. Lux’ (s. d.) „3 Puppenspiele“ und entwarf im selben Jahr einen Kal. sowie 1907 Postkarten für die Wr. Werkstätte. 1910 übersiedelte sie mit ihrem Mann nach München, wo ihr Haus zu einem kulturellen Mittelpunkt wurde. Nach der Zwangspensionierung ihres Mannes durch die Nationalsozialisten lebte das Ehepaar ab 1933 in Partenkirchen (Garmisch-Partenkirchen), im Februar 1939 mußten beide in die USA emigrieren. In S.s von der Gebrauchsgraphik dominiertem Œuvre (Entwürfe für Plakate, Kalender, Postkarten, Bucheinbände, Buchschmuck etc.) findet der „Flächenstil“ der Wr. Secession um 1900 eine originelle Fortsetzung zwischen floralem Ornament und frühen Abstraktionstendenzen der perspektivelos in die Fläche gesetzten Figuren. S. beteiligte sich an zahlreichen in- und ausländ. Ausst., war Mitgl. des Reichsverbands bildender Künstler und der Künstlergruppe Freie Bewegung und unterhielt freundschaftl. Kontakte zu A. Schnitzler (den sie auch porträtierte), H. Hofmann v. Hofmannsthal (beide s. d.) und Thomas Mann.