Spies, Hermann (1865–1950), Kapellmeister, Komponist und Musikforscher

Spies Hermann, Kapellmeister, Komponist und Musikforscher. Geb. Rommerskirchen, Preußen (Dtld.), 6. 6. 1865; gest. Salzburg (Sbg.), 29. 12. 1950; röm.-kath. Sohn eines Lehrers. S. stud. 1882–87 Theol. an der Missionsschule Steyl, hierauf an der Univ. Eichstätt und wurde 1890 in Salzburg zum Priester geweiht. Da sich sein angestrebter Lebensweg eines Missionars aus gesundheitl. Gründen nicht verwirklichen ließ, kam er in die Salzburger Diözese. Für kurze Zeit wirkte er als Kaplan in Wörgl, ehe ihn J. F. Haller (s. d.) 1891 zur weiteren, auch kirchenmusikal. Ausbildung nach Aachen und Regensburg sandte. Nach deren Abschluß wurde S. 1892 zum Domchordir. in Salzburg berufen, womit ihm die Leitung des Domchors und der Kapellknaben anvertraut war. Deren Repertoire änderte er im Sinne des Cäcilianismus und führte v. a. Musik der Renaissance und des Frühbarocks auf. 1909 erhielt er den Ehrentitel Domkapellmeister. Ein Gehörleiden ließ ihn 1921 aus dem Amt scheiden. Von da an widmete er sich nahezu ausschließl. seiner seit längerem betriebenen kompositor. und wiss. Tätigkeit. Sein musikal. Schaffen umfaßt vornehml. Kirchenmusik: Neben Vokalkompositionen für den liturg. Gebrauch entstanden v. a. Werke für Orgel. Obwohl in Salzburg mit J. Bapt. Katschthaler (s. d.) seit 1900 ein Protagonist des strengen Cäcilianismus an vorderster Front stand, folgte S. nur selten dem Ideal des polyphonen A-cappella-Stils, sondern sah im Gefolge der in Österr. verbreiteten kirchenmusikal. Richtung häufig solist. Partien sowie ein groß besetztes Orchester vor. Zudem spartierte er zahlreiche Kompositionen bes. der Renaissance und des Barock aus dem Archiv der Salzburger Dommusik und gab einige davon in modernen Ed. heraus. S. betrieb archival. Stud. zur Salzburger Kirchen- und Musikgeschichte, deren grundlegende Ergebnisse (bes. jene über das Musikleben des Mittelalters und der Renaissance) er in einer Reihe von Publ. veröff., die durchwegs Pionierleistungen mit bleibendem Wert darstellen. S. wurde 1921 zum Geistl. Rat, 1946 zum Päpstl. Geheimen Kämmerer und 1949 zum Tit.Prof. ernannt.

W. (auch s. u. Dawidowicz; Lauth): „Erwachen des Frühlings“ (Text J. v. Eichendorff), 1900; Lauretan. Litanei für Soli, Chor und Orchester, 1906; Messe in D-Dur, 2. Aufl. 1926; etc. – Ungedruckt: geistl. Chormusik und Lieder; ca. 50 Kompositionen für Orgel; weltl. Lieder; Einrichtungen, u. a. von Messen S. Bernardis und H. I. F. Bibers; Bearb. von 16 alten Weihnachtsliedern; etc. – Publ.: Die Salzburger großen Domorgeln, 1929; Abbé Vogler und die von ihm 1805 simplifizierte Orgel von St. Peter in Salzburg (= Orgel-Monographien 5), 1932; Geschichte der Domschule zu Salzburg, in: Mitt. der Ges. für Sbg. Landeskde. 78, 1938; Beitrr. zur Musikgeschichte Salzburgs im Spätmittelalter und zu Anfang der Renaissancezeit, ebd. 81, 1941, 90f., 1950f.; Über J. Mohr, den Dichter von „Stille Nacht, heilige Nacht“, ebd. 84/85, 1944/45; etc. – Nachlaß, Erzbischöfl. Konsistorialarchiv, LA, beide Salzburg, Sbg.
L.: C. Schneider, Geschichte der Musik in Salzburg …, 1935, S. 199f.; A. Dawidowicz, in: Mitt. der Ges. für Sbg. Landeskde. 91, 1951, S. 207ff. (m. W.); C. Sangl, Der Cäcilianismus in Salzburg unter Erzbischof J. Kardinal Katschthaler (= Kirchenmusikal. Stud. 8), 2005, S. 246, 251; W. Lauth, in: Mitt. der Ges. für Sbg. Landeskde. 145, 2005, S. 299ff. (m. W., L. u. B.); C. Sangl, in: Sbg. Musikgeschichte…, ed. J. Stenzl u. a., 2005, S. 436ff.
(Th. Hochradner)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 26
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