Sprenger, Aloys (1813–1893), Orientalist

Sprenger Aloys, Orientalist. Geb. Nassereith (Tirol), 3. 9. 1813; gest. Heidelberg, Baden (Dtld.), 19. 12. 1893; röm.-kath. Sohn eines Zolleinnehmers und Magazineurs. S. besuchte das Gymn. in Innsbruck und stud. 1832–36 an der Univ. Wien u. a. oriental. Sprachen. Nachdem er trotz Förderung durch Hammer-Purgstall (s. d.) von der Oriental. Akad. in Wien abgewiesen worden war, ging er 1836 nach London und wurde 1838 brit. Staatsbürger. 1840 Dr. med. der Univ. Leiden mit einer Diss. über arab. Med.geschichte. Dies ermöglichte ihm eine Stellung in der East India Company, in deren Auftrag er mit seiner Familie 1843 nach Indien ging. S. bekleidete hohe Posten im ind. Erziehungswesen (u. a. Vorstand des Delhi College und der Madrasah von Kalkutta) und bemühte sich erfolgreich um die Förderung der einheim. Sprachen (u. a. des Urdu, der Staatssprache des heutigen Pakistan) sowie um die Erfassung arab., pers. und hindustan. Hss. Einige der von ihm besorgten Druckausgaben gelten weiterhin als Standarded. Nach einer zweijährigen Reise durch Arabien, Ägypten und Mesopotamien kehrte er 1856 nach Indien zurück, wurde aber aufgrund finanzieller Streitigkeiten seiner Posten enthoben und ließ sich darauf in Weinheim bei Heidelberg nieder. Seine systemat. erworbene Smlg. von ca. 2.000 oriental. Hss. verkaufte er 1858 an Kg. Friedrich Wilhelm IV. v. Preußen, da sich die Wr. Hofbibl. desinteressiert gezeigt hatte. Seine wiss. fruchtbarste Zeit verbrachte S. als Prof. für oriental. Sprachen an der Univ. Bern (1858–81); 1863 erwarb er die Schweizer Staatsbürgerschaft. S.s außergewöhnl. Sprachentalent sowie seine intime persönl. Kenntnis der islam. Welt ermöglichten ihm eine über die reine Philol. hinausgehende Sicht auf sein Fachgebiet. Damit gelang es ihm, der zeitgenöss. Orientalistik viele neue Impulse zu geben. In einer Reihe von Artikeln und Büchern beschäftigte er sich u. a. mit arab. Geographie. In „Die alte Geographie Arabiens“ setzte er neue Standards, was die Kenntnis des vor-islam. Arabiens betraf. Sein Hauptinteresse galt der Gestalt des Propheten Muhammad und der Genese des Islams, in welcher er mehr ein Produkt des Zeitgeists als eine Leistung Muhammads, dessen Persönlichkeit er sehr krit. einschätzte, sehen wollte. Sein Werk „Das Leben und die Lehre des Mohammad“ (3 Bde., 1861–65) prägte über lange Zeit das Bild Muhammads im dt.sprachigen Raum und hatte auch maßgebl. Antl. an der weiteren Entwicklung der modernen westl. Islamwiss. Nach seiner Scheidung 1881 verließ S. Bern und lebte bis zu seinem Tod in Heidelberg. Er war Dr. h. c. der Univ. Oxford, Rom und Gießen, Ehrenmitgl. der Royal Asiatic Society und der Dt. Morgenländ. Ges. Obwohl er niemals in Österr. gewirkt hat, kann S. als ein Vertreter der traditionell auf ein besseres Verständnis der Völker des Ostens ausgerichteten österr. Orientalistik bezeichnet werden.

W. (auch s. u. Procházka, 1997): English-Hindustany grammar, 1845; A cat. of the Arabian, Persian and Hindústány manuscripts of the libraries of the King of Oudh, 1854; Die Post- und Reiserouten des Orients, 1864; Die alte Geographie Arabiens als Grundlage der Entwicklungsgeschichte des Semitismus, 1875; etc.
L.: Wurzbach; Dictionary of National Biography 53, 1898; J. Fück, Die arab. Stud. in Europa bis in den Anfang des 20. Jh., 1955, S. 176ff.; M. H. Zaidi, in: Z. der Dt. Morgenländ. Ges., Suppl. 2, 1974, S. 259ff.; N. Mantl, A. S. …, 1993; S. Procházka, in: Tiroler Heimatbll. 69, 1994, S. 38ff.; ders., in: Austrian Scholarship in Pakistan – A Symposium Dedicated to the Memory of A. S., 1997, S. 34ff. (m. W. u. L.); G. Pfaundler-Spat, Tirol-Lex., neubearb. Aufl. 2005.
(S. Procházka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 49
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