Stahl, Ludwig; eigentlich Beer (1856–1908), Schauspieler und Regisseur

Stahl Ludwig, Schauspieler und Regisseur. Geb. Brünn, Mähren (Brno, Tschechien), 4. 4. 1856; gest. Blankenberghe (Blankenberge, Belgien), 24. 8. 1908; röm.-kath. Hieß eigentl. Beer. Sohn eines Fabrikanten. S. war 1869–71 Zögling der Salzmannschule in Schnepfenthal bei Gotha. Nach Absolv. der Handelsakad. in Chemnitz wurde er Beamter der Creditanstalt in Brünn und machte 1878 den Okkupationsfeldzug in Bosnien und der Herzegowina als Lt. mit. Auf Anregung A. v. Sonnenthals (s. d.) wandte sich S. jedoch der Bühne zu, nahm Schauspielunterricht bei Maximilian Streben in Wien und debüt. 1879 am Sommertheater in Augsburg. Es folgten Engagements an den vereinigten Theatern Bozen und Meran, am Wr. Stadttheater (1880–84), am Carltheater (1884/85), am Stadtheater Leipzig (1885/86) und am Hoftheater St. Petersburg (1886–88). 1888 engag. ihn Barnay (s. d.) an sein neu gegr. Berliner Theater, wo S. in Schillers und Heinrich Laubes „Demetrius“ in der Rolle des Fürsten Schuisky debüt., als Bonvivant und Konversationsliebhaber zu den meistbeschäftigten Mitgl. zählte und auch Regie führte. Nach Stationen am Thalia-Theater Hamburg (1894/95) und am Lessing-Theater Berlin (1895–97) war S. neuerl. am Berliner Theater tätig, wechselte aber 1899 als 1. Bonvivant, Konversations- und Charakterliebhaber an das Dresdener Hoftheater. Hier wurde er 1907 auch zum Oberregisseur ernannt. Ab 1893 nahm S. jährl. an Ensemblegastspielen am St. Petersburger Alexandra-Theater teil und war 1899 neben Agnes Sorma am Pariser Théâtre de la Renaissance in der Rolle des Dr. Rank (Ibsen, „Nora oder Ein Puppenheim“) zu sehen. Seine Vielseitigkeit bewies der kgl. sächs. Hofschauspieler auch in Rollen des klass. Dramas (Shakespeare, Goethe) bis hin zum Wurzelsepp in Anzengrubers „Der Pfarrer von Kirchfeld“.

Weitere Rollen: Hamlet (W. Shakespeare, Hamlet); Jago (ders., Othello); Mephisto (J. W. v. Goethe, Faust); Bolz (G. Freytag, Die Journalisten); Solness (H. Ibsen, Baumeister Solness); etc. – Teilnachlaß, Hauptstaatsarchiv, Dresden, Dtld.
L.: Dresdner Anzeiger, 26., NFP, 27. 8., Illustrirte Ztg. (Leipzig), 3. 9. 1908; Biograph. Jb. 13, 1910, Sp. 90; Eisenberg, Bühne; Heller 1; Ulrich; Wer ist’s?, 1908; Die Dt. Bühne in Wort und Bild, ed. J. Eckstein, F. 1, Lfg. 17, 1893 (m. B.); Das geistige Berlin, ed. R. Wrede – H. v. Reinfels, 1, 1897; Bühne und Welt 2, 1900, S. 315f. (m. B.), 9, 1907, S. 157ff. (m. B.), 10, 1908, S. 1052f. (m. B.); B. Wildberg, Das Dresdner Hoftheater in der Gegenwart, 1901, S. 101ff.; Spemanns goldenes Buch des Theaters, 1902, Nr. 1088 (m. B.); Neuer Theater Almanach 20, 1909, S. 172f. (m. B.); Salzmann-GutsMuths-Gedenkstätte, Schnepfenthal, Hauptstaatsarchiv, Dresden, beide Dtld.; Stadhuis, Blankenberge, Belgien; KA, Wien.
(E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 81
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