Steigentesch, Ernst August Frh. von (1774–1826), Offizier, Diplomat und Schriftsteller

Steigentesch Ernst August Frh. von, Offizier, Diplomat und Schriftsteller. Geb. Hildesheim, Fürstbistum Hildesheim (Dtld.), 12. 1. 1774; gest. Wien, 30. 12. 1826; röm.-kath. Sohn des fürstbischöfl. Beamten und Direktorialgesandten am Reichstag zu Regensburg Andreas S., der 1788 in den erbl. Reichsadelsstand erhoben wurde. S. wurde von Privatlehrern erzogen und früh durch die kulturelle Atmosphäre in Hildesheim geprägt. 1789 trat er als Kadett des IR 54 in den österr. Heeresdienst, nahm an den Koalitionskriegen teil und avancierte rasch: 1793 Unterlt., 1796 Oblt., 1798 Hptm., 1800 Mjr. beim Stabs-IR und kurz darauf beim 12. leichten Inf.baon. Ab 1804 übernahm S. diplomat. Missionen. 1805 als Obstlt. wieder im Feld, machte er 1809 die Schlachten bei Ebelsberg und Aspern mit und wurde zum Obst. befördert. Danach wurde er in diplomat. Mission an den preuß. Hof entsandt, um über die Kriegsbeteiligung Preußens zu verhandeln. 1810 quittierte er den Dienst und zog sich ins Privatleben zurück, ließ sich jedoch 1813 als Gen.adj. von FML Karl I. Fürst zu Schwarzenberg (s. d.) reaktivieren, 1814 GM. Erst 1826 beurlaubt und i. d. R. versetzt, wurde S. in der Zwischenzeit häufig in verschiedenen diplomat. Sonder- und Geheimmissionen verwendet: So wurde er u. a. an den dän. Hof sowie nach Paris und Berlin und an den Zarenhof entsandt, war ab 1816 österr. Militärbevollmächtigter bei der Bundesversmlg. in Frankfurt, 1817 Geh. Rat, im Oktober 1818 nahm er am Aachener Kongreß teil. Zwischen seinen Missionen lebte S. in Wien als vielbeachtetes Mitgl. der Ges. und verkehrte u. a. im Salon von K. Pichler (s. d.). Bereits als junger Off. trat S. mit eigenen Dichtungen hervor, vorerst mit Ged. für Schillers „Musenalmanach“, dann mit kleinen Prosastücken und bald auch mit Lustspielen, etwa „Das Landleben“ (1803) oder – seinem wohl bedeutendsten – „Die Entdeckung“ (1806 am Nationaltheater in Wien uraufgef.). Dialog, Wortwitz und Situationskomik machten seine Salonlustspiele populär. S. führte den französ. Konversationston in die dt. Unterhaltungsliteratur ein, was ihm in der Entwicklung des Wr. Konversationsstücks die Rolle eines Bindeglieds zwischen den Werken eines Ayrenhoff und eines Bauernfeld (beide s. d.) sicherte. S. äußerte sich auch theoret. über das Lustspiel und verf. 1812/13 – tw. sehr kontrovers aufgenommene – Beitrr. zur dt. Literatur und Sprache für F. Schlegels (s. d.) „Deutsches Museum“. 1819 gab er seine „Gesammelten Schriften“ heraus. Seine letzte Publ. (1824) sind die kulturgeschichtl. interessanten „Mitteilungen aus dem Tagebuch eines Reisenden … 1821 und 1822“.

W.: s. u. Goedeke; Pfau, 1992.
L.: ADB; Goedeke, s. Reg.Bd.; Killy; Kosch; Kosch, Theaterlex.; Wurzbach; W. Eilers, A. v. S., ein dt. Lustspieldichter, phil. Diss. Leipzig, 1905; E. Behler, Die Z. der Brüder Schlegel, 1983, s. Reg.; G. Pfau, A. Frh. v. S., phil. DA Wien, 1992 (m. B., W. u. L.); dies., in: Wr. Geschichtsbll. 54, 1999, S. 209ff. (m. B.); Archiv des Domkapitels, Hildesheim, Dtld.; HHStA, KA, beide Wien.
(G. Pfau)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 144
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