Steindl, Imre (Emerich) (1839–1902), Architekt

Steindl Imre (Emerich), Architekt. Geb. Pest (Budapest, Ungarn), 29. 10. 1839; gest. ebd., 31. 8. 1902. Sohn eines Juweliers und Goldschmieds. S. stud. 1857–59 am Joseph-Polytechnikum in Ofen (Buda) und anschließend bis 1867 (mit Unterbrechungen) an der Wr. ABK bei Vvan der Nüll, Sicard v. Sicardsburg und Friedrich Frh. v. Schmidt (alle s. d.), wobei bes. letzterer einen nachhaltigen Einfluß auf sein Wirken ausübte. Zurückgekehrt nach Budapest, unterrichtete S. ab 1869 (1870 o. Prof.) bis zu seinem Tod am Polytechnikum hauptsächl. mittelalterl. Baukunst. Er entwarf vorerst, entsprechend der herrschenden Mode, Neorenaissance-Bauten, wie das Neue Rathaus von Budapest, 1870–75, und die TU, 1880–82, beides Bauten mit Rohziegelfassaden und Majolikaornamenten. Beeinflußt von Schmidt und dessen Vorliebe für die Neugotik, zeigte aber bereits sein für den ersten Wettbewerb (1872) um den Berliner Reichstag vorgelegter Entwurf die Fassung eines neugot. Kuppelbaus. S.s Hauptwerk wurde das neue ung. Parlamentsgebäude in Budapest (1885–1904): Ein neugot. Kuppelbau mit riesigen Dimensionen, in dem die dynam., großzügige Gestaltung mit dem Detailreichtum eine einzigartige Kombination bildet. Als sein letztes großes Werk gilt die Pfarrkirche von Elisabethstadt (Budapest-Erzsébetváros, 1892–1901). S. wirkte aber auch als produktiver Denkmalrestaurator und verfolgte als solcher die purist. Methode der stilgerechten Wiederherstellung und Ergänzung: 1870 übernahm er die Bauleitung für die großzügige Restaurierung der Burg in Vajdahunyad (Hunedoara), trat von dieser Funktion aber 1874 zurück. 1877–1901 kam es unter seiner Ägide zu einer der größten Restaurierungsaktionen Ungarns, der des Doms von Kaschau (Košice), wobei S. eine gründl. Erneuerung der Bausubstanz und die Veränderung des Gewölbesystems vornahm. Zu S.s weiteren wichtigen Restaurierungsarbeiten zählen die Kirchen von Bartfeld (Bardejov, 1879–98) und Máriafalva (Mariasdorf, 1879–88), die Innerstädt. Pfarrkirche von Pest (1889–94) und die Kirche in Zipser Neudorf (Spišská Nová Ves). S., einer der bedeutendsten Vertreter der ung. historist. Architektur, wurde u. a. 1879 Ritter des Franz Joseph-Ordens, erhielt 1899 das österr.-ung. Ehrenzeichen für Kunst und Wiss., war Mitgl. der ersten unabhängigen ung. Organisation für Denkmalpflege (der 1872 gegr. Provisor. Komm. der Denkmale), ab 1894 Ehrenmitgl. des Royal Inst. of British Architects und ab 1898 k. M. der Ung. Akad. der Wiss.

W.: s. u. Sisa, 2005.
L.: NFP, 1., Pester Lloyd, 1. (A.), 3. 9. 1902; M. Életr. Lex. (m. B.); Művészeti Lex. I, II; Szinnyei; Thieme–Becker; K. Csányi, in: Művészet, 1902, S. 334ff. (m. B.); J. Sisa, in: Mitt. der Ges. für vergleichende Kunstforschung in Wien 37, 1985, Nr. 3, S. 1ff.; S. I. (1839–1902) építész, műegyetemi tanár emlékezete, ed. A. Horváth, 1989; Lex. der Kunst 11, 1994; The Dictionary of Art 29, 1996; Az ország háza. Buda-pesti országháza-tervek 1784–1884. The House of the Nation. Parliament Plans for Buda-Pest 1784–1884, ed. E. Gábor – M. Verő, Budapest 2000, s. Reg. (Kat.); J. Sisa, S. I., 2005 (m. W.); ABK, Wien.
(J. Sisa)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 164f.
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