Steiner, Hermann (1848–1926), Buchhändler und Zionist

Steiner Hermann, Buchhändler und Zionist. Geb. Preßburg, Ungarn (Bratislava, Slowakei), 10. 8. 1848; gest. ebd., 26. 10. 1926; mos. Sohn des Primärschullehrers und Buchhändlers Sigmund S. (geb. Kojetein, Mähren / Kojetín, Tschechien, 1821; gest. vermutl. 27. 10. 1907) und der Josephine König, geb. Bendiner (1814–1890), Vater von Siegfried S. (s. d.), Wilhelm, Moritz, Max und Józsi S. S. trat nach der Reifeprüfung 1866 in das von seiner Mutter 1847 in Preßburg gegr. und ab 1848 von Sigmund S. geleitete Antiquariat mit angeschlossener Leihbibl. ein, ging aber 1868 nach Leipzig, um eine Buchhändlerlehre zu absolv. Nach seiner Rückkehr erfolgte der Ausbau des Geschäfts zu einer Buch- und Musikalienhandlung. 1878 wurde er Alleineigentümer des Unternehmens, das sich zu einem festen Bestandteil der mehrsprachigen Preßburger Stadtkultur entwickelte. S. war Mitgl. des Börsenver. des dt. Buchhandels und Mitbegründer des ung. Buchhändlerverbandes. Auch seine Frau Selma, geb. Goldberger (geb. Porąbka bei Kęty, Galizien / Porąbka, Polen, 6. 11. 1857; gest. Bratislava, 20. 6. 1924), wirkte im Geschäft mit. Nach S.s Tod führten die Söhne Max (1887–1942) und Józsi S. (1895–1942) die Buchhandlung bis zu deren Arisierung 1942 weiter. Trotz seines sozialen Aufstiegs in das Bürgertum der Stadt hielt S. am religiösen Judentum fest und blieb lebenslang Anhänger der sog. Neo-Orthodoxie. Nach dem 1. Weltkrieg war er auch kurze Zeit Vorsteher des orthodoxen Zentralbüros, der Dachorganisation der slowak. orthodoxen Gmd. Innerhalb des Zionismus trat er den sog. religiösen Zionisten (Misrachi) bei, die religiöse Orthodoxie mit dem jüd.-nationalen Selbsthilfegedanken verbanden. So war S. zeitweise Vors. der Preßburger Ortsgruppe Ahawat Zion und vertrat den Ver. auf dem 7. ao. Zionistenkongreß 1905 in Basel. Als Mitgl. des Ausschusses für Erziehungsfragen hatte er schon 1904 am 1. Weltkongreß der Misrachisten in Preßburg teilgenommen. Von seinen Söhnen waren neben Siegfried auch Moritz und Wilhelm zionist. aktiv: Der spätere Gymn.lehrer Moritz (1880–1942) wurde 1913 Präs. der Ortsgruppe. Wilhelm (geb. 1878; gest. Bratislava, November 1948) leitete nach einer in Karlsruhe absolv. Buchhändlerlehre ab 1899 die ebenfalls in Preßburg befindl. Filiale der Buchhandlung und nahm 1907 als Delegierter des Ver. Ahawat Zion am 8. Zionistenkongreß in Den Haag teil. Er überlebte als einziges der neun Geschwister den Holocaust.

L.: Preßburger Ztg., 29. 10. 1907 (für Sigmund S.), 27. 10. 1926, 1. 1. 1928; R. Tyrolt, Aus dem Tagebuche eines Wr. Schauspielers 1848–1902, 1904, S. 17 (für Sigmund S.); M. Trančík, Zwischen Alt- und Neuland. Die Geschichte der Buchhändlerfamilie S. in Pressburg, 1996 (m. B. u. L.); ders., in: Der Erste Zionistenkongress von 1897, ed. H. Haumann, 1997, S. 101ff. (m. B.); R. Popper, in: David 9, 1997, Nr. 34, S. 45f.
(M. Trančík)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 171f.
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