Steinhäusl, Otto (1873–1940), Polizeibeamter

Steinhäusl Otto, Polizeibeamter. Geb. Budweis, Böhmen (České Budějovice, Tschechien), 10. 3. 1873; gest. Wien, 20. 6. 1940. Sohn eines Oblt. und Rechnungsführers. S. besuchte die Volksschule in Datschitz (Dačice), ab 1890 das Gymn. in Salzburg bzw. Klagenfurt. Ab 1898 stud. er an der Univ. Wien Jus und trat der akadem. Burschenschaft Moldavia bei. 1902–03 diente er als Einjährig-Freiwilliger beim IR 17, 1903 wurde er Lt. der Res. beim IR 64. 1905 abs. jur., absolv. S. 1906–07 das Gerichtsjahr und war danach Konzeptspraktikant bei der Polizeidion. Wien. Dort war er bis Oktober 1910 im Sicherheitsbüro beschäftigt und kam danach ins Polizeikommissariat Wien-Mariahilf. 1911 Polizeikonz., wurde er im selben Jahr zum Polizeikommissariat in Mähr. Ostrau (Ostrava) versetzt, wo er den Sicherheitsdienst aufbaute. Sein wesentl. Beitr. zur Enttarnung von Obst. Alfred Redl (s. d.), wofür er auch das goldene Verdienstkreuz erhielt, sollte sich auf seine weitere Laufbahn entscheidend auswirken. 1913 war S. wieder im Wr. Sicherheitsbüro tätig, 1915 wurde er dem Militärreferat der staatspolizeil. Abt. im Polizeipräsidium zugewiesen. 1915 Polizeikoär., 1919 Polizeioberkoär., 1921 Polizeirat und i. d. F. Reg.Rat. 1922 wurde S. prov. Leiter der Bundespolizeidion. in Salzburg, 1924 HR, 1927 Dir. und Titel eines w. HR. Ende 1931 wiederum ins Wr. Polizeipräsidium berufen, agierte er dort zunächst als stellv. Leiter, ab April 1932 als Leiter des Sicherheitsbüros. Unter seiner Führung konnten große Erfolge bei der Aufklärung spektakulärer Kriminalfälle wie auch bei der Neutralisierung der Linksopposition erzielt werden. Ab 1933 war ihm die kriminalpolizeil. Approbationsgruppe II der Bundespolizeidion. Wien unterstellt. Obwohl großdt. eingestellt, engagierte sich S. niemals offen für die Nationalsozialisten und gehörte nicht der NSDAP an. Er hatte jedoch Kenntnis von den Plänen, die im Juli 1934 zum nationalsozialist. Putsch führten, und war von den Putschisten als Polizeipräs. vorgesehen. Im Zuge des Putsches verhaftet, konnte man ihm zwar keine direkte Beteiligung nachweisen, er wurde jedoch wegen Vernachlässigung der Dienstpflichten Ende 1935 zu sieben Jahren schweren Kerkers verurteilt, allerdings schon 1936 aufgrund des Juliabkommens bedingt entlassen. Bereits am Tag vor dem „Anschluß“ 1938 wurde S. auf Betreiben E. Kaltenbrunners (s. d.) Polizeipräs. von Wien, hatte zwar keine unmittelbare Befehlsgewalt über Kriminalpolizei und Gestapo, erhielt aber aufgrund seiner Funktion den Rang eines SS-Oberführers. Bereits ab Herbst 1939 mußte er aus gesundheitl. Gründen immer häufiger vom Dienst fernbleiben, ab Februar 1940 befand er sich dauerhaft im Krankenstand.

L.: H. L. Mikoletzky, Österr. Zeitgeschichte, 3. Aufl. 1969, s. Reg.; G. Jagschitz, Der Putsch, 1976, s. Reg. (m. B.); N. v. Preradovich, Österreichs höhere SS-Führer, 1987; F. Weisz, Die Geheime Staatspolizei. Staatspolizeileitstelle Wien, phil. Diss. Wien, 1991; ders., in: Archiv für Polizeigeschichte, 1999, S. 74ff.; Bundesarchiv, Berlin, Dtld.; AdR, Wien.
(F. Weisz)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 184
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