Stephan Victor, Erzhg. von Österr. (1817–1867), Palatin

Stephan Victor, Erzherzog von Österreich, Palatin. Geb. Ofen (Budapest, Ungarn), 14. 9. 1817; gest. Menton (Frankreich), 19. 2. 1867; röm.-kath. Sohn von Erzhg. Joseph Anton Johann (s. d.) und Hermine v. Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym. Nachdem seine Mutter im Kindbett verstorben war, verbrachte S. seine Kindheit und Jugend in Schaumburg bzw. Ofen. Er genoß eine standesgemäße Erziehung und zeigte großes Interesse für Staatswiss., die er dann auch in Wien stud. Danach war er 1839–41 bei verschiedenen Zentralstellen in Wien tätig und bereiste 1841–43 die Kronländer sowie die Nachbarstaaten. Ab 1843 Landeschef von Böhmen, kehrte er nach dem Tod seines Vaters nach Ungarn zurück und wurde im Jänner 1847 zum Statthalter und im Oktober zum Obergespan des Pester Kom. ernannt. Im November vom ung. Reichstag zum Palatin gewählt, wurde S. gleichzeitig zum FML befördert. Nach dem Ausbruch der Revolution 1848 fand sich S. in der Vermittlerrolle zwischen dem revolutionären Ungarn und dem Hof, die er jedoch trotz seiner Popularität nicht erfüllen konnte. Vom Hof mit umfassenden Vollmachten ausgestattet, ernannte er Batthyány (s. d.) Mitte März 1848 zum ung. Ministerpräs. und eröffnete Anfang Juli den neuen ung. Reichstag in Preßburg. Im Konflikt zwischen der ung. Regierung und den Kroaten wurde S. jedoch, auch aufgrund der zunächst schwankenden Haltung des Hofes, schrittweise seiner Befugnisse beraubt. Da er nach dem Angriff von Banus Jel(l)ačić v. Bužim (s. d.) Anfang September keinen Waffenstillstand erreichen konnte, verließ er Ungarn und dankte Ende des Monats in Wien ab. Nach einem kurzen Aufenthalt in Mähren zog er sich auf Wunsch des K. auf die mütterl. Besitzungen nach Schaumburg zurück, wo er 1850–55 das neue Schloß errichten ließ. Hier widmete er sich bes. der Mineral. und Geol., stellte seine reichhaltige Mineraliensmlg. aus und betätigte sich als Förderer der Wiss. Aus gesundheitl. Gründen verbrachte er seine letzten Lebensjahre in französ. und Schweizer Kurorten. S. war Ehrenmitgl. der Geograph. Ges. und ab 1865 der k. Akad. der Wiss. in Wien.

L. (auch s. u. István): FB, 20. 2. 1867; ADB; Almanach Wien 17, 1867, S. 147f.; M. Életr. Lex.; Pallas; Révai; Verhh. der k. k. geolog. Reichsanstalt, 1867, S. 69f.; Wurzbach; Mitt. der k. k. geograph. Ges. NF 1868, 1868, S. 3, 5f.; S. V. Erzhg. v. Österr., 1868; Die Habsburger, ed. B. Hamann, 1988 (m. B.); E. Niederhauser, 1848. Sturm im Habsburgerreich, 1990, s. Reg. (m. B.); Magyar Nagylex. 10, 2000 (m. B.); I. Deak, The Lawful Revolution, 2001, s. Reg. (m. B.); I. Soós, in: Az alcsúti Habsburg-kastély tündöklése és pusztulása, Székesfehérvár 2002, S. 11ff. (Kat.).
(I. Fazekas)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 213
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