Stephann, Carl; Hieß eigentlich Stephan (1842–1919), Architekt und Bauunternehmer

Stephann Carl, Architekt und Bauunternehmer. Geb. Wien, 15. 5. 1842; gest. ebd., 11. 11. 1919; röm.-kath. Hieß eigentl. Stephan. Sohn eines Polizeibeamten, der früh verstarb, Schwiegervater des Architekten August Belohlavek (geb. Wien, 10. 1. 1873; gest. ebd., 2. 1. 1937; röm.-kath.), der 1901–03 mit S. zusammenarbeitete. S., in ärml. Verhältnissen aufgewachsen, stud. nach der Oberrealschule 1861/62 am Wr. polytechn. Inst. und 1862–66 an der ABK bei Sicard v. Sicardsburg und van der Nüll (beide s. d.). Nach einigen Jahren Praxis – u. a. bei F. Schachner (s. d.) – machte er sich um 1873 als Architekt und Bauunternehmer in Wien selbständig. In seiner rund 40jährigen, sehr erfolgreichen Tätigkeit errichtete er mehr als 200 Bauten, wobei der Schwerpunkt auf dem Gebiet des Wohnbaus lag. Als typ. Vertreter des Späthistorismus wurde S. insbes. für die aufwendige dekorative Ausgestaltung seiner Bauten geschätzt: Eines seiner spektakulärsten und bekanntesten Gebäude war das Vergnügungsetablissement Colosseum in Wien 9 (1899), dessen mit dekorativen Architekturdetails ausgestattete Fassade den Einfallsreichtum S.s widerspiegelte. In seiner Spätzeit übernahm S. für die Ausführung seiner Bauten auch Elemente des Secessionismus und zuletzt des Neoklassizismus. Neben seiner Tätigkeit als Architekt war er als Miteigentümer von Sägewerken und Kiesgruben auch ein erfolgreicher Unternehmer. 1908 Baurat, hatte S. zahlreiche fachspezif. Funktionen inne (u. a. 1908 Schätzmeister der Ersten österr. Spar-Casse) und war u. a. ab 1876 Mitgl. des Österr. Ing.- und Architekten-Ver. sowie ab 1912 der Zentralvereinigung der Architekten Österr.

W.: s. u. Prokop.
L.: Kosel 1; Wr. Fassaden des 19. Jh. (= Stud. zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 10), 1976, s. Reg.; Die Kunstdenkmäler Wiens. Die Profanbauten des 3., 4. und 5. Bez., bearb. G. Hajós – E. Vancsa (= Österr. Kunsttopographie 44), 1980, s. Reg.; A. Lehne, Jugendstil in Wien, 2. Aufl. 1990, s. Reg.; F. Achleitner, Österr. Architektur im 20. Jh. 3/1–2, 1990–95, s. Reg.; R. Bösel, Der Michaelerplatz in Wien, Wien 1991, S. 142ff. (Kat.); G. Weissenbacher, In Hietzing gebaut 2, 1998, S. 394f.; H. Weihsmann, In Wien gebaut, 2005; U. Prokop, in: Architektenlex. Wien 1880–1945, 2006 (Internetausg., m. W. u. L.); ABK, TU, WStLA, alle Wien.
(U. Prokop)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 214f.
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