Sterz, Vinzenz (?–1828), Techniker und Unternehmer

Sterz Vinzenz, Techniker und Unternehmer. Geb. ?; gest. Pitten (NÖ) (?), 23. 8. 1828. Über S.’ Herkunft und Ausbildung ist nichts bekannt, doch muß er sich eingehend mit den techn. Entwicklungen in der Papierherstellung (beginnender Übergang von der Bütte zum maschinellen Rundsieb) beschäftigt haben. 1817 wurde er von Ludwig Frh. v. Peschier als Werksdir. der ursprüngl. von Johann Thomas v. Trattner gegr. Papierfabrik Franzensthal bei Ebergassing eingestellt. Hier gelang S. der Nachbau einer sog. „Donkinmaschine“ (1803 von der engl. Fa. Bryan Donkin & Co. präsentiert), die Endlospapier beliebiger Breite und Stärke erzeugen konnte. S. gilt damit als Erbauer der ersten funktionsfähigen Papiermaschine in der Monarchie. 1819 nahmen Peschier und S. eine solche wassergetriebene Donkinmaschine mit Trockenzylinder in Betrieb, auf die sie ein zehnjähriges Privileg erhielten. 1821 erhielten sie ein weiteres Privileg auf eine Verbesserung, und 1825 kam bereits eine zweite Maschine für gröbere Papiere zum Einsatz. Gleichzeitig konstruierte S. eine Schneidemaschine. Die Fa. erzeugte nun jene feinen Sorten, die zuvor importiert werden mußten, und belieferte ab 1820 v. a. die Oesterr. Nationalbank mit Formatpapieren für die Banknotenproduktion. 1825 fiel der größte Teil der Fabrik einem Brand zum Opfer, und Peschiers Witwe verkaufte das Werk und ihre Anteile. S. blieb Teilhaber und führte 1826 das für Maschinenpapier wichtige Leimen mit Harzseife und Stärkekleister ein, das den bislang übl. unbeständigen pflanzl. Leim ersetzte. Zudem entwickelte er ein Verfahren, das Papierzeug gleich im „Holländer“ zu leimen. 1827 kaufte er eine Mahl- und Sägemühle in Pitten und etablierte 1828 die Pittener Papier-Manufaktur S. & Co., deren Ges. Johann Friedrich Rümmelein, Christoph Hartwig und Philipp Heinrich Werdmüller v. Elgg wurden. Nach S.’ Tod trat seine Witwe Magdalena S. in die Fa. ein. Im selben Jahr erhielt die Fabrik ein Privileg auf eine Verbesserung der Preßmaschine und die Bewilligung zur Papierproduktion auf herkömml. Art aus der Bütte, doch produzierte man spätestens ab 1832 auch auf einer Maschine von S., deren Leistung 1835 sieben Bütten entsprach. Zu dieser Zeit beschäftigte das Unternehmen, in dem alle Papiersorten erzeugt werden konnten, bis zu 150 Personen. 1835 wurde es auf der österr. Gewerbsproduktenausst. ausgez.

L.: Slokar; Jbb. des k.k. polytechn. Inst. in Wien 1, 1819, S. 391, 3, 1822, S. 518; S. v. Keeß, Systemat. Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen … 1, 1829, S. 601f., 612, 2, 1830, S. 786; Ber. über die … Gewerbsprodukten-Ausst. … 1835, (1835), S. 149f.; K. Karmarsch, Geschichte der Technol. …, 1872, S. 745; V. Thiel, in: Jb. der österr. Leo-Ges., 1932, S. 138, 142; 1100 Jahre Pitten, 1969, S. 145; E. Raitelhuber, in: Papiergeschichte 1971, S. 22, 28ff.; W. Weiß, Zeittafel zur Papiergeschichte, 1983, S. 262, 276; W. Čech, Chronik von Ebergassing, 1994, S. 329ff.; Oesterr. Nationalbank, TU, WStLA, alle Wien.
(G. Luxbacher)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 240f.
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