Sterzinger, Othmar Hugo (1879–1944), Psychologe

Sterzinger Othmar Hugo, Psychologe. Geb. Reutte (Tirol), 1. 4. 1879; gest. Graz (Stmk.), 1. 5. 1944; röm.-kath. Sohn eines Juristen und OLGR in Innsbruck. S., der zunächst Privatunterricht erhielt, besuchte 1890–95 das Franziskanergymn. in Bozen (Bolzano) und 1895–98 das Staatsgymn. in Feldkirch. Ab 1898 stud. er Phil., Mathematik, u. a. bei Otto Stolz und Wilhelm Wirtinger, und Physik, u. a. bei I. Klemenčič und Radakovič (beide s. d.), an der Univ. Innsbruck. Infolge sachl. Differenzen wegen seiner Diss. wandte sich S. der Chemie als neuem Hauptfach zu; 1910 Lehramtsprüfung. 1910/11 absolv. er sein Probejahr an der Innsbrucker Oberrealschule, wo er auch seine erste Supplentur erhielt. 1912 Dr. phil. an der Univ. Gießen, 1913 Nostrifikation des Doktorats an der Univ. Wien. Zunächst Gymnasiallehrer, vervollkommnete S. seine Ausbildung 1913–14 am psycholog. Inst. in München bei Oswald Külpe und hörte dort Vorlesungen über Moderne Kunst und Ästhetik. Der Besuch zahlreicher Kunstausst. sowie musikwiss. Vortragsreihen und das Stud. von Kunstz. bildeten die Basis für die spätere Abh. „Grundlinien der Kunstpsychologie“, 2 Bde., 1938–39. 1914–15 unterrichtete S. an Wr. Mittelschulen, ehe er eine Ass.stelle am Psycholog. Inst. in Würzburg antrat. 1917 ging er auf Wunsch des damaligen bayer. Stabsarztes Narziss Kaspar Ach nach Nürnberg, wo er sich intensiv mit psychol. Auswirkungen von Amputationen befaßte. 1918 als Gymnasiallehrer nach Österr. zurückgekehrt, unterrichtete er am Realgymn. in Graz v. a. Chemie und phil. Propädeutik. 1919 habil. sich S. unter A. Meinong v. Handschuchsheim (s. d.) als Priv.Doz. (Bestätigung 1920) für experimentelle Psychol. an der Univ. Graz und führte nach dessen Tod die Laborarbeit im experimentalpsycholog. Laboratorium nebenberufl. weiter. Ab 1925 vom Schuldienst beurlaubt, übernahm S. die Ass.stelle am psycholog. Laboratorium. 1928 ao. Prof., 1941 i. R. Wiss. verf. S. zahlreiche Abhh. auf dem Gebiet der Psychol., der Jugendkde. und Pädagogik, die in diversen einschlägigen Fachz. publ. wurden; insbes. befaßte er sich mit vergleichenden Begabungsuntersuchungen an Mittel- und Hilfsschülern verschiedener Altersstufen. Darüber hinaus gilt S. als angesehener Kunst- und Chemopsychologe sowie Naturphilosoph. In diesem Zusammenhang sind v. a. seine Arbeiten über den menschl. Zeitsinn erwähnenswert. Zu den Kuriosa seines Œuvres zählen Forschungen zur Psychol. des Witzes, zu Geschicklichkeitsspielen und zum Verhalten der Fliege bei Gewitter.

W.: Aus der Sommerfrische A. Pichlers, in: Innsbrucker Nachrichten, 14. 9. 1907; Zur Logik und Naturphil. der Wahrscheinlichkeitslehre, 1911; Edison der Tierwelt, 1919; Abhh. aus dem Gebiete der Psychol., Jugendkde. und Pädagogik, 1925, ed. m. O. Tumlirz; Über eine Methode Triebveranlagungen zu untersuchen, in: Archiv für die gesamte Psychol. 98, 1937; etc.
L.: Kürschner, Gel.Kal., 1931, 1940/41; Österr. 1918–34, 1935 (m. B.); UA, Innsbruck, Tirol; UA, Standesamt Graz, beide Stmk.; Materialiensmlg. ÖBL, Wien (m. W.).
(D. Angetter – S. Krammer)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 241f.
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